2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 295
den Wettbewerb des Auslandes hinwegzusehen. Das Gesetz ge—
währe die Möglichkeit gegen einzelne Fälle einer mißbräuchlichen
Ausdehnung der Arbeitszeit einzuschreiten. Die Regierungsvorlage
bedeute einen großen Fortschritt. Ihre Durchführung werde große
Energie und große Opfer erheischen. Daher müßte vor Forderungen
gewarnt werden, die über das Maß des zur Zeit Erreichbaren
hinausgingen. Der Antrag der Sozialdemokraten wurde gegen die
vier Stimmen ihrer Partei in der Kommission abgelehnt, der Antrag
des Grafen von Galen gegen acht Stimmen.
Der 8 137 des Gesetzentwurfes enthielt für Arbeiterinnen das
Verbot der Nachtarbeit. Er bestimmte ferner, daß Arbeiterinnen über
sechzehn Jahre nicht mehr als elf Stunden täglich beschäftigt werden
sollten. Zwischen den Arbeitsstunden sollte den Arbeiterinnen eine
mindestens einstündige Mittagspause gewährt werden. Arbeiterinnen
über sechzehn Jahre, die ein Hauswesen zu besorgen haben, sollten
eine halbe Stunde vor der Mittagspause entlassen werden, sofern
diese nicht auf mindestens ein und eine halbe Stunde bemessen war.
Ehefrauen und Wittwen mit Kindern sollten als Arbeiterinnen gelten,
die ein Hauswesen zu besorgen haben, sofern nicht das Gegentheil
durch die Ortspolizeibehörde schriftlich bescheinigt sein sollte.
Die Kommission hatte beschlossen die Arbeitszeit für verheirathete
Frauen auf zehn Stunden zu beschränken, und das Verbot der Beschäf⸗—
tigung von Wöchnerinnen von vier auf sechs Wochen auszudehnen.
Nach 8 1384 sollte die untere Verwaltungsbehörde ermächtigt
sein, auf die Dauer von vierzehn Tagen Arbeiterinnen über sechzehn
Jahren an Wochentagen, außer Sonnabend, bis 10 Uhr Abends,
jedoch nicht über dreizehn Stunden im ganzen zu beschäftigen.
Die Kommission hatte diese Zeit um eine Stunde gekürzt. Dieselbe
Behörde sollte ferner befugt sein die Beschäftigung von Arbeiterinnen
über sechzehn Jahre, die kein Hauswesen zu besorgen hatten und
zum Besuch einer Fortbildungsschule nicht verpflichtet waren, bei
den im 8 1050 Absatz 1 unter Ziffer 2 und 3 bezeichneten Arbeiten
am Sonnabend Nachmittag nach 51/, Uhr zu gestatten. Diese
Arbeiten waren solche zur Reinigung und Instandhaltung, durch
welche der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden
Betriebes bedingt sei, ferner Arbeiten, von welchen die Wieder—
aufnahme des vollen werktäglichen Betriebes abhängig sei, sofern
nicht diese Arbeiten an Werktagen vorgenommen werden können.
Endlich sollten dazu gehören auch Arbeiten, die zur Verhütung