Full text: Dritter Band (3. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 467 
Weise davon getroffen werden; die finanziellen Nachtheile glichen sich 
da am leichtesten aus. Aber wo sie sich nicht ausglichen, das seien 
die Tausende kleinerer wirthschaftlichen Existenzen, die durch einen 
langen Streik ruinirt würden. 
Wenn die Großindustrie und er selbst mit ihr in voller Ueber— 
zeugung für den Gesetzentwurf eintrete, so thue sie es, weil sie das 
Gemeinwohl im Auge habe, weil sie erkenne, wie der nationale 
Wohlstand leide, weil sie den Unfug, der sich in Zeiten einer Aus—⸗ 
standsbewegung breit mache, mit eigenen Augen täglich sehe, und 
weil sie es nicht stillschweigend durchgehen lassen könne, daß allmählich 
sich der Begriff über das, was erlaubt und was nicht erlaubt sei, 
über das, was Recht und Unrecht sei, bei den Arbeitern vollständig 
verwirre und eine anarchistische Gestaltung annehme, die dann sehr 
leicht zum Anarchismus der That werde. Tas seien die Gründe, 
welche die Großindustrie veranlassen zu glauben, daß sie ihre Pflicht 
verletzen würde, wenn sie ihrer Ueberzeugung bei dieser Gelegenheit 
nicht Ausdruck gäbe. 
Mit dem zweiten Referenten theile er vollkommen die Ansicht, 
daß, wenn nichts in der Sache geschehe, mit mathematischer Gewißheit 
der Zeitpunkt vorausgesehen werden könne, in welchem die gesammte 
deutsche Arbeiterschaft der Sozialdemokratie in die Arme getrieben 
worden sei. Den Glauben an die Mauserung der Sozialdemokratie 
müsse er als kindlich bezeichnen. Er verstehe es nicht, wie man an— 
nehmen könne, daß diese Partei mit ihrer ganzen Vergangenheit 
brechen und sich zu einer Ordnungspartei umformen könnte. Die 
Führer der Sozialdemokratie selbst hätten entschieden der Annahme 
widersprochen, daß ihre Partei einen Mauserungsprozeß durchmache. 
Einer von ihnen habe jüngst erklärt, „die Sozialdemokratie ist und 
bleibt die unversöhnliche Feindin der bürgerlichen Gesellschaft. Sie 
hört nicht eher auf zu kämpfen, bis der Arbeiterklasse die politische 
Macht erobert, bis die Klassenherrschaft gestürzt, die kapitalistische 
Wirthschaftsordnung beseitigt ist“. Auf dem Parteitag in Hannover 
habe die Sozialdemokratie offen bekannt, daß ihr Endziel die Beseiti— 
gung des bestehenden Staatsverbandes und die Enteignung der bürger— 
lichen Gesellschaft sei und bleibe. Das klinge nicht wie die Absicht, 
sich zu mausern. Wenn er gefragt würde, was wohl die allein 
richtige Maßnahme gegenüber der Sozialdemokratie sei, so antworte 
er und darüber sei er sich längst im klaren, die einzige Maßnahme 
der Sozialdemokratie gegenüber sei, den Besitzstand wahren 
III, 30*
	        
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