490 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Unzweifelhaft hatten die mit der Ablehnung des in Rede
stehenden Gesetzes verbundenen Vorgänge und Erwägungen zur
Folge, daß die Sozialpolitik des Staatssekretärs des Innern, trotz
seiner Ueberzeugung von der Staatsgefährlichkeit der Sozial—
demokratie, eine andere Richtung einschlug. Sie führte zu dem
Entgegenkommen, das den Wünschen und Forderungen
der Sozialdemokratie und ihrer Helfer aus den bürger—
lichen Parteien fortan erwiesen wurde, und zu der immer
geringeren Berücksichtigung der Stimmen, die sich aus
den Kreisen der Arbeitgeber und ihrer Vertretung gegen
den die Sozialdemokratie begünstigenden Kurs erhoben.
In der Versammlung der Delegirten des Centralverbandes
vom 13. Februar 1900*) theilte der Geschäftsführer Bueck mit,
daß das Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung
vom 2. März 1899 von dem Reichstag verabschiedet worden sei.
Dieser Entwurf**) berührte die gewerblichen Arbeiterverhältnisse in
den Artikeln 6, 7 und 8. Bezüglich des Artikels 6 ist Folgendes
zu bemerken: Unter Mitwirkung der Kommission für Arbeiterstatistik
varen amtliche Erhebungen über die Arbeitsverhältnisse in der
Kleider- und Wäschekonfektion angestellt worden. Dabei hatte sich,
wie in der Begründung des Gesetzentwurfes gesagt worden war,
herausgestellt, daß bei der Vergebung der Arbeiten vielfach die auf
die Lohnberechnung bezüglichen Arbeitsbedingungen nicht genügend
klargestellt würden. Es hatte sich weiter ergeben, daß die Be—⸗
dingungen über die Lieferung von Stoffen und Werkzeugen zu
den übertragenen Arbeiten nicht bei allen Arbeitgebern gleich seien.
Eine Aufnahme dieser Bedingungen in die Bescheinigungen über
die Lohnberechnung hätte nicht stattgefunden. Nach den angestellten
Erhebungen sollte die Gefahr bestehen, daß unter diesen Umständen
die Arbeiter sich bei Uebernahme des Auftrages im Unklaren über
den demnächst von ihnen zu beanspruchenden Lohn befänden. Um
Abhilfe zu schaffen sollte ein neuer 8 1144 der Gewerbeordnung den
Bundesrath ermächtigen, in der Kleider- und Wäschekonfektion die
Einführung von Lohnbüchern oder Arbeitszetteln vorzuschreiben,
in denen Art und Umfang der übertragenen Arbeit, bei Akkord—
arbeit die Stückzahl, ferner die Lohnsätze und die Bedingungen für
VWWVerhandlungen 2e. des Centralverbandes, Heft 86.
»*) Sten. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags,
X. Legisl.-Periode, 1. Session 1898/1900, 2. Anlageband, Nr. 165, S. 1230.