538 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
das Recht des die Intelligenz vertretenden, für die technische, kauf—
männische und finanzielle Leitung verantwortlichen Unternehmers
immer mehr eingeengt und immer mehr Macht in die Hände der
unverantwortlichen Arbeiter gelegt worden sei.
In England und in den Vereinigten Staaten sei im Jahre 1898
bezüglich dieser Anschauungen ein wesentlicher Umschwung eingetreten.
Den Anlaß dazu habe der große Ausstand der Maschinenbauer in
England gegeben. Durch ihn seien der Gesellschaft die Augen ge—
öffnet über die Gefahr, die in der plötzlichen und muthwilligen
Stilllegung großer Theile der Produktion bestände. Er habe ferner
der Rechtsprechung Anlaß gegeben, zum Schutze der Arbeitswilligen
nachdrücklich einzuschreiten und schließlich selbst die Haftbarkeit der
Gewerkvereine für den von ihnen angerichteten Schaden als Rechts—
grundsatz auszusprechen. Seitdem sei auf alle die künstlichen Ein—
richtungen, welche das Gewerkvereinswesen geschaffen habe, ein
neues Licht gefallen. Die gleitende Lohnskala, die industriellen
Schiedssprüche, die Einigungsämter, die gemeinsame Festsetzung der
Arbeitsbedingungen durch Unternehmer und Arbeiter — bezüg—
lich aller dieser Dinge sei in den Anschauungen der Gebildeten
in England eine Aenderung eingetreten, die zur Zeit noch nicht ab—
geschlossen sei.
In Deutschland sei nach der Ansicht des Berichterstatters diese
Erkenntniß noch nicht zur Reife gelangt. Der Kathedersozialismus
beherrsche in Deutschland noch vollkommen das Gebiet der Arbeiter⸗
gefetzgebung. Der Berichterstatter glaubte aber, die außerordentliche
Ueberhastung bei der sozialpolitischen Gesetzgebung, die Durch—
peitschung wichtiger Vorlagen, die sonst nur bei der Erledigung
formaler Geschäfte gebräuchlich zu sein pflege, die Ueberfülle
sozialpolitischer Anträge, auf die Besorgniß der leitenden Personen
zurückführen zu sollen, daß die Zeit ihrer unbedingten Herrschaft
zu Ende gehen könne.
Eine der Hauptleistungen auf diesem Gebiete der Arbeiter—
gesetzgebung sei der Beschluß des Reichstages vom 13. Mai 1901
ber die Wänderung des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte
vom 29. Juli 1890 gewesen.
Der Berichterstatter führte dann an, was der Centralverband
gethan habe, um das Zustandekommen dieses Gesetzes zu verhin⸗
deru. Leider seien die vielfachen und energischen Bestrebungen in
dieser Richtung vergeblich gewesen—