2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 579
von manchen Arbeitgebern keine gewerkschaftlich organisirten Arbeiter
beschäftigt würden; es werde die Zugehörigkeit zu einer Gewerk—
schaft sogar als Entlassungsgrund in das Zeugniß geschrieben.
Demgegenüber gab er der Meinung Ausdruck, „daß nach und nach
die Auffassung in das Rechtsbewußtsein weiter Kreise des Volkes
übergegangen sei, daß eine Benachtheiligung eines Arbeiters,
lediglich weil er einer gewerkschaftlichen Organisation angehöre,
gegen die guten Sitten verstößt und unerlaubt ist.“ (Sehr richtig!
bei den Sozialdemokraten und aus den Reihen der Nationalliberalen.)
„Daher erklärten seine Freunde, wie sie es früher oft schon gethan
hätten, daß sie die volle Anerkennung und den wirksamen Schutz
des Koalitionsrechtes und des Organisationsrechtes für eine Noth⸗
wendigkeit hielten, derart, daß für dieses Recht nur eine Schranke
gelte: Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung.“ Auf Zwischenrufe der Sozialdemokraten fügte der
Redner dann die folgenden Worte hinzu: „Dabei müßten dafür,
daß diese Schranken von den Hütern der öffentlichen Ordnung
nicht überschritten werden, die nöthigen gesetzlichen Kautelen ge—
schaffen werden.“
Der Redner verurtheilte den jetzigen Rechtszustand, nach welchem
außerhalb des 8 152 der Reichsgewerbeordnung alle Koalitionen,
Vereinbarungen, Verabredungen und Versammlungen den landes—
gesetzlichen Vereins- und Versammlungsrechten unterstellt seien.
Er faßte sein Urtheil dahin zusammen, daß gegenwärtig „die sozial—
politische Bethätigung unserer Bevölkerung, speziell die große,
kulturell so überaus wichtige Arbeiterbewegung, wesentlich von der
Landesgesetzgebung abhängig sei, das sei der thatsächliche Rechts—
zustand“. Trimborn übte eine scharfe Kritik an dem landesüblichen
Vereins- und Versammlungsrecht und hielt es für richtig, daß diese
ganze Materie dem Reiche überwiesen werden müßte. Diese Reichs—
gesetzgebung solle vor allen Dingen Licht und Luft, wenigstens für
die Berufsvereine, schaffen.
Zwischen dem Vereins- und Versammlungsrecht und dem
Koalitionsrecht bestehe ein innerer Zusammenhang; die Ausbildung
des Koalitionsrechtes vollziehe sich aber wesentlich durch die Bildung
von Berufsvereinen. Trimborn meinte, wer die öffentlich rechtliche
und privatrechtliche Stellung der Berufsvereine befriedigend regele,
der habe auch die Frage des Ausbaues des Koalitionsrechtes im
wesentlichen gelöst. Mit dieser Frage habe sich der Reichstag bereits
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