2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 583
begraben zu helfen, der heute Regierung und Arbeiterwelt trennt?
Wird die Regierung endlich die Gelegenheit ergreifen, um die
wichtige Mission der Versöhnung und der Ausgleichung mit Verständniß
und Energie aufzunehmen? — Mit Spannung sehe ich der Antwort
entgegen.“
Nachdem Trimborn seine Rede beendet hatte, erhob sich
der Staatssekretär des Reichsamtes des Innern, Graf von
Posadowsky, um im Namen der Regierung die Antwort zu
geben; sie lautete:
„Die Verbündeten Regierungen sind grundsätzlich nicht ab—
geneigt, die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine der unter die Ge—
werbeordnung fallenden Arbeiter und Arbeiterinnen anzuerkennen,
und diese Berufsvereine somit als juristische Personen auszugestalten
mit allen Rechten und Pflichten, welche solche Körperschaften zu
haben pflegen.“
„Die Verbündeten Regierungen gehen aber hierbei, um zu
einer Einigung im Bundesrath zu gelangen, von der Auffassung
aus, daß eine derartige Gesetzgebung die Arbeiter in den Reichs—
und Staatsbetrieben und gewissen öffentlichen Anlagen, welche
dringende und wichtige Aufgaben für die Allgemeinheit zu erfüllen
haben, nicht einzubegreifen hat. Die Verbündeten Regierungen
gehen ferner von der Auffassung aus, daß bei einer derartigen
gesetzlichen Regelung ausreichende Fürsorge zu treffen ist, daß auch
die Minderheiten genügend geschützt sind, und daß die anerkannten
Berufsvereine, welche lediglich die wirthschaftlichen Interessen der
Arbeiter vertreten sollen, sich von dieser gesetzlichen und eventuellen
statutarischen Grundlage nicht entfernen dürfen.“
„Was die Schaffung einer Arbeitsvertretung anbetrifft, so ist
besonders in den Verhandlungen des Reichstags vom 16. Januar 1901
ausgeführt, daß man die betreffenden Bestimmungen des Gewerbe—
gerichtsgesetzes erweitern müsse, um den Arbeitern Gelegenheit zu
geben, im Sinne der Kaiserlichen Botschaft vom 4. Februar 1890
in friedlicher Weise ihre Wünsche und Interessen, sowohl gegenüber
den Arbeitgebern, wie gegenüber den Behörden zu vertreten. Ent—
sprechend den in den genannten Reichstagsverhandlungen aus—
gesprochenen Wünschen hat demgemäß der 8 75 Absatz 2 des
Gewerbegerichtsgesetzes die Fassung erhalten:
„Das Gewerbegericht ist berechtigt, in gewerblichen Fragen
Anträge an Behörden, an Vertretungen von Kommunalbehörden