Full text: Dritter Band (3. Band)

14 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
führte; für die übrigen Provinzen, in denen das französische Recht 
nicht galt, erging dann die Verordnung vom 9. Februar 1849, 
wonach für jeden Ort, für den wegen eines erheblichen gewerblichen 
Verkehrs ein Bedürfnis dazu obwaltete, auf Antrag von Gewerbe— 
treibenden ein Gewerbegericht eingerichtet werden konnte. Die Ge— 
werbegerichte sollten im Wege der gütlichen Vermittelung oder 
nöthigenfalls durch Erkenntnis, die Streitigkeiten der selbständigen 
Gewerbetreibenden mit ihren Gesellen, Gehilfen, Lehrlingen und 
Fabrikarbeitern über den Antritt oder die Auflösung des Arbeits— 
oder Lehrverhältnisses, sowie über die gegenseitigen Leistungen wäh— 
rend der Dauer desselben, endlich auch über Ansprüche, die aus 
dem Arbeits- oder Lehrverhältnisse herrühren, entscheiden. Außer— 
halb der Rheinprovinz haben die Gewerbegerichte aber nur geringe 
Verbreitung gefunden und erst die Reichsgesetzgebung des Jahres 
1890 hat hier eine neue Periode der Entwickelung dieser Institution 
angebahnt. 
In den deutschen Staaten außerhalb Preußens bestand wäh— 
rend der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts fast überall der 
Grundsatz der Zunftverfassung; auch wo während der Herrschaft 
des französischen Rechtes die Gewerbefreiheit eingeführt war, ging 
man nach 1815 wieder zu den alten Rechtszuständen des 18. Jahr— 
hunderts zurück. Erst seit 1860 drang die Gewerbefreiheit weiter 
vor, 1861 wurde sie in dem gewerbefleißigen Sachsen, 1862 in 
Württemberg und Baden eingeführt, während Bayern erst 1868 
nachfolgte. Ueber den Abeiterschutz finden sich in den Gesetzgebungen 
der deutschen Einzelstaaten nur wenige Vorschriften. 
In Bayern wurde durch Verordnung vom 15. Januar 1840 
die Fabrikarbeit von Kindern unter 9 Jahren verboten. Kinder 
unter 12 Jahren durften 10 Stunden täglich, jedoch nicht bei 
Nacht, beschäftigt werden. Diese Bestimmungen wurden verschärft 
durch die Verordnung vom 16. Juli 1854. Danach durften nur 
Kinder, die das 10. Lebensjahr vollendet hatten, in den Fabriken 
thätig sein. Die Arbeitszeit der Kinder von 10 bis 12 Jahren 
wurde ferner auf 9 Stunden des Tages herabgesetzt, und ein täg— 
licher dreistündiger Schulunterricht für sie vorgeschrieben. Die 
Nachtarbeit derselben blieb verboten. 
Im Königreich Sachsen wurde durch das Gewerbegesetz vom 
15. Oktober 1861 die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren
	        
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