624 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Diese amtlichen Zahlen zeigen, daß der Schicht- und der
Jahresverdienst der Bergarbeiter im Streikgebiet im Jahre 1904
nicht abgenommen hat, sondern gegen 1903 eine, wenn auch nur
kleine Erhöhung ergiebt, ungefähr wie in den anderen preußischen
Bergwerksrevieren; die Zahlen konstatiren ferner die ohnedies be—
kannte Thatsache, daß die Löhne im Ruhrrevier weitaus die
höchsten sind, daß die dort von der Privatindustrie gezahlten Löhne
die der Staatswerke in Saarbrücken bedeutend übertreffen. Im
Jahre 1903 war, laut den amtlichen Nachweisungen (Zeitschrift für
das Berg-⸗, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate,
herausgegeben im Ministerium für Handel und Gewerbe, Jahr—
gang 1904, Band 52, statistische Mittheilungen, Seite 37) der Lohn
der Ruhrbergleute am meisten gestiegen; der Jahresverdienst eines
Arbeiters beim Steinkohlenbergbau stieg im Oberbergamtsbezirk
Dortmund um 6,5, in Niederschlesien um 3,5, bei Aachen um 2,9,
in Oberschlesien um 1,5, beim Saarbrücker Steinkohlenbergbau nur
um 1,4pCt. gegen 1902. Auch der Schichtlohn hatte sich 1903
durchgängig gehoben.
Die Netto-Löhne verstehen sich nach Abzug aller Neben—
kosten, die sich aus den persönlichen Beiträgen für die Versicherung
gegen die Folgen von Krankheit, Alter, Invalidität und Tod und
aus den sächlichen Kosten für Arbeitsgezähe und Geleuchte zu—
sammensetzen; meist sind in den Kosten für Gezähe die für Spreng—
mittel mitenthalten. Dem angegebenen reinen Lohne ist noch der
Geldwerth der den Arbbeitern in Gestalt von Ackerland, freier
Wohnung und verschiedenen Deputaten gewährten wirthschaftlichen
Beihilfen hinzuzurechnen.
Außer den gewöhnlichen Forderungen wurden noch beson—
dere Anlässe zur Agitation und Verhetzung benutzt. Wie wenig es
den Führern dabei auf die thatsächlichen Verhältnisse ankam, mag
das folgende Beispiel lehren.
Im Herbst 1898 wurde eine umfassende Agitation wegen Ab—
schaffung der als unerträglich bezeichneten Ueberschichten ins Werk
gesetzt. Bei der darauf veranstalteten amtlichen Untersuchung wurde
festgestellt, daß im Monat Oktober, wo überdies starker Wagenmangel
geherrscht hatte, im Durchschnitt des Bezirkes 1,42 Ueberschichten
pro Kopf der unterirdischen Belegschaft verfahren worden waren.