626 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Die Belegschaft hatte in einer am 27. Dezember 1904 ab—
gehaltenen Versammlung beschlossen, vermittelst einer Abordnung
beim Oberbergamt dahin vorstellig zu werden, daß dieses die Zu⸗
rückziehung der von der Zeche Bruchstraße erlassenen, die Seilfahrt
betreffenden Verfügung veranlassen möge. Die Abordnung führte
ihren Auftrag am 6. Januar 1905 aus. Sie erhielt vom Ober—
bergamt den Bescheid, daß die geplante Maßnahme in gesetzlicher
Form angekündigt sei, daher eine Aenderung seitens des Oberberg—
amtes nicht in Frage kommen könne. Zugleich wurde aber seitens
des Oberbergamtes auf die Möglichkeit hingewiesen, das Einigungs—
amt mit der Frage zu befassen. An demselben Tage beschloß eine
Belegschaftsversammlung derselben Zeche Bruchstraße, wegen der
Lieferung von Brandkohlen Forderungen an die Betriebsführung der
Zeche zu stellen, die sehr weit über das auf den Zechen des Reviers
übliche Maß hinausgingen und daher außergewöhnlich waren. Nach
Ablehnung dieser Forderung trat die Frühschicht der Zeche Bruch—
straße, ohne Einhaltung der durch den Arbeitsvertrag festgesetzten
vierzehntägigen Kündigungsfrist, also unter Kontraktbruch, in den
Ausstand. Diesem Beispiel folgte an demselben Tage die Mittags—
schicht, nachdem sie Forderungen aufgestellt hatte, die sich auf Fest—
stellung von Minimallohnsätzen, Errichtung eines Arbeiterausschusses,
Beseitigung des Wagennullens, humane Behandlung, Unterlassung
von Maßregelungen infolge des Streiks bezogen. Außerdem wurde
beschlossen, alle Kameraden der Nachbarzechen und des ganzen Re⸗
viers zu ersuchen, nicht in einen allgemeinen Streik einzu—
treten, weil dadurch der Sieg der Ausständigen auf der Zeche
Bruchstraße in Frage gestellt werden würde. Auf anderen Zechen
sollten die Kameraden erst dann Forderungen stellen oder sich an—
schließen, wenn ihre Verwaltung die Zeche Bruchstraße direkt oder
indirekt unterstützen werde.
Augenscheinlich hatten die Führer geplant, mit Unterstützung
der hunderttausende im Revier arbeitenden Bergleute, auf der Zeche
Bruchstraße einen Streik von unabsehbarer Dauer ins Werk zu
setzen, und damit der Arbeiterschaft ein nachahmungswerthes Schau—
stück ersten Ranges zu geben. Die vom Wahn erfaßten Arbeiter—
massen durchkreuzten jedoch diesen schlauen Plan der Führer. Es
sei hier bemerkt, daß der Vorsitzende des Verwaltungsrathes der
Aktiengesellschaft Luise Tiefbau der während des Ausstandes so viel
genannte Bergwerksbesitzer Hugo Stinnes war.