Full text: XVII. und XVIII. Jahrhundert bis zum Auftreten Friedrichs des Großen 1740 (21. Band, 2. Abtheilung)

968 Des XVII. Jahrhunderts erste Hälfte. I. Allgem. krieg3wissenschaftl. Werke. 
mehr die Aufrechterhaltung des allgemeinen Rechtszustandes und der friedlichen 
Errungenschaften gegenüber den rohen Naturgewalten wie den zügellosen Leiden- 
schaften der Einzelnen der wesentliche Inhalt und Zwe> des Völkerrechtes sei. =- 
Wa3 dann das eigentliche Krieg3recht selbst betrifft, so gipfelt das Interesse 
an Grotes Werke einerseit3 in der Artikulierung des NeutralitätS5rechtes, anderer- 
seits in den Bestrebungen zu Gunsten der Humanisierung des Krieges, namentlich 
durch den Versuch, die Anwendung gewisser Waffen auszuschließen. Insofern es 
sich dabei um vergiftete Geschosse oder Klingen handelt, stellte der Verf. nur eine 
bei den europäischen Völkern seit langer Zeit innegehaltene Praxis fest; aber 
insofern er auch Kettenkugeln, Geschosse mit austretenden Armen u. dgl. verbieten 
wollte, ging er bereits über die Schranken hinaus, welche derartigen Humani- 
sierungsbestrebungen zu ziehen sind. Verbote solcher Art sind zu allen Zeiten 
wirkungs3lo38 geblieben. =- Auffallend erscheint es, wenn de Grot es als eine her- 
gebrachte, auf stiller Übereinkunft der Völker beruhende Rechtssitte betrachtet, daß 
jämtliche StatSangehörige zweier Kriegsparteien „Feinde“ und als solche der 
absoluten Willkür des Siegers unterworfen seien. Die einzige völkerrechtliche 
Schranke, welche er hier setzt, ist das Verbot, die Frauen zu mißbrauchen. Nach 
Grotius hat der Feind durchaus das Recht, auch Privateigentum fortzunehmen 
oder zu zerstören, die Kirchen au8zuraüben, ja die Gefangenen in Sklaverei zu 
führen. Mit dieser Auffassung von der Allgemeinheit der Feindschaft zwischen 
den kriegführenden Staten in schneidendem Widerspruche, doch höchst bezeichnend 
für die Zeit der Söldnerheere, welche völlig aus dem Verbande des bürgerlichen 
Leben3 lo3gelöst waren, ist de Grotes Auffassung der gegeneinander manövrierenden 
Heere al8 „Mandatare“ der kriegführenden Staten, welche die schwebende Streit- 
frage allein und selbständig auszufechten hätten, ohne daß die friedlich weiter- 
lebenden Völker anders beteiligt wären als durc< Leiden. Beide Auffassungen 
erscheinen in ihrer Einseitigkeit verwerflich ; namentlich die letztere Lehrmeinung 
hat in der Folge vielfach lähmenden Einfluß auf die Kriegführung gehabt und 
daher gerade das Gegenteil dessen bewirkt, was sie beabsichtigte ; denn indem 
sie den Kampf auch unter dem rechtlichen Gesicht8punkte auf MietSsheere be- 
schränkte, verlangsamte sie ihn, schwächte die Energie des Völkerringens3 , ver- 
längerte die Dauer der Kriege und vermehrte da3 damit verbundene Elend. 
8 36. 
Seit Grotius und 3. T. unmittelbar. an ihn anknüpfend, ent- 
wickelt sich nun eine massenhafte Literatur über das Kriegsrecht. Nur 
auf wenige der hierhergehörigen Werke kann, auch bloß andeutungs- 
weise, näher eingegangen werden ; im allgemeinen wird man sich hier 
mit einer Aufzählung begnügen müssen. 
Joach. Cluten: De jure belli in genere. (Straßbg. 1626.) 
Joh. Bachsted : Bericht von recht vnd unrechten Kriegen, Bündnissen u. ]. w. 
(Coburg 1628.) 
Math. Berengerri: De bello eivili. (Straßbg. 1633.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.