Full text: XVII. und XVIII. Jahrhundert bis zum Auftreten Friedrichs des Großen 1740 (21. Band, 2. Abtheilung)

3. Kavallerie. 1055 
auch wol größerer Anzahl vnd in eine andere Schlachtordnung gestellet, leichtlich 
obsiegen.“ Die Halbmondstellung hat nur ein Treffen, aber in der Mitte einen 
Hinterhalt von zwei Trupps Lanzenreitern ; im übrigen wechseln Lanzen und 
Karbiner regelmäßig in -der Front ab, doch so, daß an den beiden Hörnern 
Lanzen stehen. Der Angriff geschieht von den Flügeln aus; versucht der Feind 
in der Mitte die dünne Stellung mit einem Gewalthaufen zu durchbrechen, so 
geht diesem das Zentrum des Halbmonds5 entgegen und der Hinterhalt tritt an 
die Stelle desselben. Prinz de Ligne bemerkt hierzu : »80n ordonnance 1unaire 
geroit bonne Si on avoit la bonte de 1a laisser faire; mais je 1'aurois atta- 
qu6 par les alles de gon Croissant.« (Wo bleiben übrigens die Kürisser ?) 
S (8. 
Im Jahre 1616 ist der fruchtbare Wallhausen mit zwei reiter- 
lichen Werken hervorgetreten. Das eine steht anf der Grenze der 
den Waffengebrauch und die Gymnastik lehrenden Bücher, das andere 
ist eigentlich kavalleristischen Inhalts. Jenes führt den Titel: „Jitter 
kunst“, darinnen begriffen: 1. Ein trewherßiges Warnungschreiben 
wegen des betrübten Zustandes jetziger Christenheit. I. BVnderricht 
aller Handgriffen, so ein jeder Cauallirer hochnötig zu wissen bedarff . . . 
durch Joh. Jacobi von Wallhausen, der Statt Danzig Obristen 
Wachtmeistern vnd Hauptmann.“ (Frankfurt a. M. 1616.) ") 
Die kleine, reich illustrierte Arbeit ist allen „Herrn Caualliren vnd Juncern 
deß Vralten Adelichen Geschle<ht3 von Bode“ gewidmet. Sie geht von Vegetius 
aus, schildert die Krieg3disziplin der Türken, inSbesondere die Einrichtung der 
| Janitscharentruppen als Vorbild, empfiehlt die Einstellung einheimischer Mann- 
schaft und weist in ausführlicher Darstellung auf die von den Osmanen drohenden 
tl Gefahren hin, denen gegenüber der deutsche Adel sich zu größerer kriegerischer 
. | Tüchtigkeit emporzuraffen habe. Dieses Warnungsschreiben umfaßt 70 Seiten, 
fast zwei Drittel de3 gesamten Textes, und nun erst beginnt die eigentliche Ritter- 
"Wu kunst. Kap. 1--5 besprechen die Ausbildung von Roß und Reiter; Kap. 6 be- 
eo schäftigt sich mit dem Waffengebrauch der Lanzirer und Kührissierer, Kap. 7 mit 
| vem der Bandelier Reuter (Reiterschüßen) ; Kap. 8 handelt von der Behendigkeit, 
' Kap. 9 vom Kampf gegen Fußvolk, Kap. 10 wie 11 von gewissen Vorteilen im 
Einzelgefecht, Kap. 12 schildert den Gebrauch von Spieß und MusSkete, „die 
| ebensowol adeliche vnd ritterliche Gewehr, al3 der Ritter3mann zu Pferdt.“ 
| Das 13. Kapitel weist, freilich nur ganz obenhin, auf das Gefecht im Geschwader 
hin, während biSher lediglich der Einzelfampf betrachtet worden war. Überhaupt 
| ist der Text nur aus flüchtigen Andeutungen zusammengeseßt, und die Figuren 
erscheinen al3s die Hauptsache. Seltsam nimmt es sich aus, daß in diesem „ritter- 
lichen“ Buche jeder Kampf damit endet, daß der „Stärc>er dem Schwächern den 
j 1) In der Bücherei des Verfassers und in der Danziger Stadtbibl. (Kunst und Gewerbe. 
qu. Nr. 43.)
	        
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