3. a. Reichögesetzliche Bestimmungen. 1305
oder dasselbe seiner Vorsorge überlassen wurde, war die Ernennung des Ober-
feldherrn einem besonderen „ReichSgutachten“ vorbehalten, über dessen Urheber und
Erlasser jedoc< niemals Klares und Entscheidendes bestimmt worden ist. Diesem
Reich8generalfeldmarschall war der Rang vor allen anderen Feldmarschällen beige-
legt. Die übrige ReichSgeneralität war gewöhnlich schon in FriedenSzeiten
durch Reichstagsbeschlüsse bestellt, ohne jedo< Sold zu empfangen. Sie bestand
aus dem General-Feldzeugmeister, den Generalen von der Kavallerie und von der
Infanterie und dem General-Feldmarschall-Lieutenant. Jede dieser Stellen wurde
gewöhnlich zweifach und zwar nach dem Prinzip der Stande8- und Religion3-
gleichheit besetzt.) Dies führte mehrfach zu Sc<wierigkeiten.?)
Das durch den westfälischen Frieden anerkannte Bündnisrecht
der Stände führte im Jahre 1658 zu einem Vorläufer des Rhein-
bundes, zu der „Rheinischen Alliance“, welche ein Teil der
deutschen Stände unter sich und mit Frankreich schloß.
Militärisch bedeutend ist dieser Sonderbund durch die Bestimmung, daß die
Konföderation (abgesehen von Frankreich) jederzeit 2300 Reiter und 4900 Fuß-
soldaten u. zw. geworbene, tüchtige Mannschaft, beisammen haben solle. Damit
war also ausdrücklich ein stehende3 Heer begründet. Die Alliance löste sich
1667 auf.
In dieje Zeit fallen Leibniz" heeres8organisatorische Schriften:
die „Bedenken von der Securität des deutschen Reiches“ und die
„Gedanken zum Entwurf der Teutschen Kriegsverfassung“ , die ihrem
Hauptinhalte nach bereits gekennzeichnet worden sind. [S. 1180 ff.]
Das Reich8gutachten von 1673 wies die Kreise an, schon
im Frieden eine entsprechende Mannsc<aft bereit zu halten,
und das kaijerl. Kommissionödekret vom Dezember desselben Jahres
führte diesen Gesichtspunkt näher aus.
Namentlich sollten die Befehlöhaber vollzählig sein, „auch die Stände geübte
und taugliche Personen, so in der Musterung bestehen“, bei Zeiten anwerben und
jie in Dienst, Wartegeld und Bestellung aufnehmen, damit die Hälfte allemal
parat erscheinen möge. „Richtige“ Listen seien zu führen und mit Angabe der
Besoldung durch den kreiSausschreibenden Fürsten an den Kaiser einzureichen.
Warm empfohlen wurde die Anwendung eines gleichmäßigen Kaliber3 und dabei
ä 1) Wahlkapitul. Art. IV. 8 3. 2?) So kam 3. B. 1672 folgender Fall vor: „E3 sollten von
ReichSwegen vier Generalmajorsstellen besezt werden. Man wählte den Herzog von Weimar und den
Markgrafen von Baireuth (beide fürstlicher Abstammung evangelischen Glauben3bekenntnisses) zu
Generalwachtmeistern zu Pferde und die Herren von Leyen und von Stauf (beide adeliger Geburt und
fkatholischer Konfession) zu Generalmajor3 zu Fuß. Die katholischen Stände hielten sich hierdurch be-
einträchtigt, versammelten am 10. April 1672 einen Fürstenrat, und man verglich sich diesSmal noch,
den fatholischen Herrn von Andrimont als Generalwachtmeister zu Pferde, den evangelischen Herrn
von Kielmann3egge al3 Generalmajor zu Fuß hinzuzufügen.“ =- Vgl. Pütter: Historische Ents-
wickelungen, 2. Teil S. 285 und Pachmer von Eggenstorf: Reichstag3beschlüsse von 1672. =
Dieselben Verhältnisse bestanden auch noc< im achtzehnten Jahrhundert.»