Full text: XVII. und XVIII. Jahrhundert bis zum Auftreten Friedrichs des Großen 1740 (21. Band, 2. Abtheilung)

2. Allgemeine Werke aus der Zeit vor dem dreißigjährigen Kriege. 881 
FeindeSnähe, der oft kaum drei Schußweiten entfernt war. -- Die ersten Anfänge 
waren recht beschwerlich und erschienen so manchem nicht nur sonderbar unge- 
wohnt, sondern sogar lächerlich, und der Feind spottete darüber ; mit der Zeit 
aber brachte das neue Wesen große Vorteile, sonderlich seit es Graf Moriz zu 
Herzen nahm und auch sein Krieg5svolk fleißig darin übte.“ 
Offenbar hat man also in dem friesischen Statthalter Grafen 
Wilhelm Ludwig von Nassau einen der vornehmsten und tüchtigjten 
Urheber jener neuen Evolutionskunst zu bewundern, welche unter dem 
Namen der „oranischen Taktik“ bald weltberühmt wurde. Das bezeugt 
auch ein anderer Augenzeuge, Ubbo Emmius, Rektor der Universität 
Groeningen ?): 
„Graf Wilhelm Ludwig war der erste nach den Zeiten der Römer, der 
die Taktik studiert und seine Erkenntnisse praktisch verwertet hat. Reyd überseßte 
dazu aus den griechischen und römischen Autoren alle3, was sich auf das Kriegs- 
wesen bezog, und der Graf studierte das dann im Verein mit dem Obristen 
Cornput. Dies geschah an einem großen Tische, auf welchem alle Evolutionen 
mit bleiernen Figuren so viel wie möglich nachgeahmt und untersucht wurden. 
I< habe selbst noch dergleichen Figuren gesehen.“ =- Solche Übungen mit Blei- 
| figuren betrieb und schäßte auch de la Noue sehr hoch ?). 
Im Jahre 1597 bereits beschrieb Johann von Nassau in seinen 
» Obgervationes« [S. 571] die von Moriz von Oranien nach dem 
„- Vorbilde des Polybios geschaffene Fußvolkstaktik u. zw. mit Recht 
0 als etwas ganz Eigenartiges und Neues. =- Flache Ausstellung: 10, 
1. später sogar nur 5 Glieder tief, regelmäßiger Wechsel der in sich 
nid selbständigen Trupps der Spießer und Schützen innerhalb der Front 
ie jedes Treffens, und endlich die geschachte Ausstellung der drei Treffen 
Ög3 selbst =- das sind die Grundzüge der oranischen Infanterietaktik, 
de welche man aus inneren und äußeren Gründen wohl auch die „prote- 
VE stantische“ nennen könnte; denn sie ist ein Protest gegen die alt- 
L üblichen Massenvierecke und sie wird von den protestantischen Heeren 
angenommen und fortgebildet, während die katholischen Armeen an 
der alten Taktik festhalten, sogar noch während des 30 jährigen Krieges. 
-- Die Blüte der oranischen Taktik beginnt mit der Schlacht von 
Nieuport (1600); ihre Fortbildung geschah durch Gustav Adolf. 
Als wesentlichste Ursache des Verfalls des deutschen Kriegswesens, 
wie er gegen Ende des 16. Jhdts. immer aufdringlicher zu Tage 
E64 Citat bei van Haren: Willem I. (Amsterdam 1827) S. 197. 
Fe 2) Vgl. d'Aubign6: Appendice aux deux premiers volumes de 1'histoire universelle 
är. wbl ed. 1616: D. 485.
	        
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