Siebentes Buch.
Das achtzehnte Jahrhundert
vor Friedrich dem Großen.
(1700--1740.)
Bevor der große Preußenkönig in den Gang der europäischen
Entwickelung eingriff, erscheint das 18. Ihdt. als eine glatte Fort-
sezung des siebzehnten. Es steht unter dem Zeichen des »Roi Soleil«.
Zwar hat Louis XIV. sein Zeitalter keineswegs in dem Maße persön-
lich beherrscht wie es später die höher geartete Natur Friedrichs tat;
aber wenn Louis es auch nicht selbst war, welcher der Welt das
Gepräge seines Geistes aufdrückte, so tat es doch sein Frankreich, d. h.
der zuerst straff regierte große Einheitsstat, der, so wie er da aus Der
Hand Richelieus hervorgegangen war, seine8gleichen nicht hatte und
der daher dem übrigen Europa in kultureller Hinsicht zu großartigem,
wenn auch nicht in allen Stücken nachahmungswürdigem Vorbilde
diente. Das Wort, welches man Louis XIV. in den Mund gelegt:
»Vestat e'est Moil« müßte eigentlich lauten: »Moi c'est Testat«;
denn lediglich weil sein Stat eine so gewaltige Macht darstellte, hatte
sein I< etwas zu bedeuten. Das Übergewicht Frankreichs kommt
denn, wie in der gesamten Literatur, so auch in der der Kriegswissen-
schaften zu voller Geltung. Mit Vorliebe redet sie die Sprache der
Franzosen, das internationale, fast neutrale Idiom jener Zeit, welches
sogar noch einen großen Teil der friderizianischen Epoche beherrscht.
Auch die geistige Führerschaft nimmt Frankreich in Anspruch und be-
hauptet sie im wesentlichen bis zum Auftreten Friedrichs I].