Full text: XVII. und XVIII. Jahrhundert bis zum Auftreten Friedrichs des Großen 1740 (21. Band, 2. Abtheilung)

906 Des XVII Jahrhunderts erste Hälfte. I. Allgem. kriegswissenschaftl. Werke. 
langer Laufbahn selbst teilgehabt, denn doch keineSwegs so stark em- 
pfinden, wie der mit der politischen Weisheit der Alten genährte wa; 
statsmännische Fürst. Der eine dieser Schriftsteller ist Hanns Wie 
Wilhelm Kirchhoff, Burggraf des fürstlichen Hauses Spangenberg. "uf 
Er veröffentlichte die „Militaris Disciplina, d. i. Kriegs ; 
Regiments Historische vnd außführliche Beschreibung: 
Wie vnd was maßen solches bey vnsern löblichen Vorfahren vnd der 
alten Mannlichen Teutschen Nation vorzeiten, insonderheit aber bey 
den Großmächtigsten Keysern Maximiliano 1. vnd Carolo V. vnd 
folgendt8s in vblichem Gebrauch gehalten, auch nach vnd nach ver- 
bessert worden: in 3 vnderschiedliche DiScurß abgetheilet“. (Frankfurt HE 
a. M. 1602.) ?) 
Der 1. Diskurs erklärt, wie man sich in Festungen und Besaßungen 
zu verhalten. 
„3m andern Discurß wird nothdürfftiglich . . . dargethan, was in Bestallung 
hoher vnd anderer Empter vnder ein Regiment Fußvol> gehörig: des- 
gleichen in Bewerben, Musterplatz, Articulsbrief, Musterung, Zug- und Schla<t- 
ordnung, Lägerschlagen, Aufseyn, Beurlauben, Gardthauffen u. s. w. gewöhnlich 
vnd nothwendig. Vnd dann auch, was für Orationes, Commendatoriae, Ad- 
hortatoriae u. f. w. hier zu pflegen gebraucht werden.“ nE 
Der 3. Diskurs lehrt, wie das Stehende Recht, Recht vor dem gemeinen n 
Mann oder den langen Spießen, letztlich wie das Malefitz Recht ordentlich: mag | 
gehalten werden. R 0 
Als Kirchhoff sein Buch „mehrertheil auß eygener Erfahrung gant fleißig Knit 
vnd eygentlich“ schrieb, war er bereit3 ein alter Herr. In seiner Jugend hatte er war 
Schulen besucht und dann in den vierziger und fünfziger Jahren des 16. Ihdts. NT 
unter den Landsknechten gedient. Sein Werk verdiente besser gekannt und mehr als 
biSher benußt zu werden; denn es ist eine selbständige Arbeit, welche den Stand | 
des deutschen Krieg5wesens im 16. Jhdt. übersichtlich, aus eigener Anschauung und Ier 
bei weitem besser zusammenfaßt als die so viel genannten und oft ausgeschriebenen | 
Bücher FrönSperger3 und v. d. Öl8nit!'. Die im Tone ganz s<lichte Darstellung 
bringt nicht selten gute Beispiele aus der Wirklichkeit und ersheint überall als 
eine lautere Quelle für die Geschichte unserer vaterländischen Wehrverfassung, in3- 
besondere soweit e3 sich um das Fußvolk handelt. -- Kirchhoffs i. J. 1625 zu 
Frankfurt erschienener „Soldatenspiegel“ ist wohl nur eine zweite Auflage der 
» Digciplina«. 
Nahe verwandten Inhalts ist der „Soldatenspiegel, d. i. 
Historische Anweisung, welcher Gestalt ein Guarnison oder Vestung 
nicht allein mit aller jhrer Notturft vnd Zugehörung wol zu ver- 
1) Kgl. Bibl. in Berlin (F. M. 9112.)
	        
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