55 Der neue Stil in Italien.
Messen, Oratorien u. a. m. In der Führung der melodischen Linie
und der Süßigkeit seiner Melodie ist Scarlatti unübertrefflich. Die
Orchesterbesetzung ist bei den Meistern dieser Schule klein, die Bläser
treten nur spärlich auf; der Sänger bedeutet alles. — Aus der großen
Reihe der Meister dieser Schule nenne ich Nicolo Porpora (1680 —
1766), Leonardo Vinci (1600 —1732), Leonardo Leo (1694 - 1744)
und Giov. B. Pergolesi (1710 —36) mit seiner reizenden Oper „La
sServapadron
Von Italien verbreitet sich die Oper zunächst nach Frankrei ch.
Ihr Begründer ist B. Lully (1632 - 1687). Sein Stil gründet sich
auf den deklamatorischen der Florentiner, er verleiht aber diesem rezi—
tativen Gesang einen breiteren, ariosen Charakter, der auf die Dauer
monoton wirkt. Einen besonderen Reiz erhalten seine Opern durch
das Einflechten anmutiger und reizvoller TDan zstücke. Lully ist der
Komponist des ersten Menuetts. In seinem Geiste schafft auch
A. Campra (1660—1744), vor allem J. Ph. Rameau (168321764).
Letzterer verleiht dem Chore wieder größere Bedeutung. Seine Tänze
und Balletti sind teils von einem Reiz, der uns heute noch bestrickt.
Auch nach Deutschland dringt die neue Kunstgattung. Heinr.
Schütz, der Schüler Gabrielis, ist es, der die erste deutsche Oper, Daphne“
geschrieben. Ihre Musik ist leider verloren gegangen. Die erste feste
Bühne gründet Hamburg. Nach mannigfachen Schicksalen erfährt
diese Bühne ihre Blüte durch den genialen Reinh. Keiser (1674 1739).
In seinen Werken erkennen wir den Einfluß sowohl der neapolitanischen
wie der französischen Oper, die vereint in ihm einen Stil schufen, der
beide Vorzüge zu vereinen strebt. Werke wie seine Octavia“ lassen
bereits deutlich die kommende große Zeit fühlen. In der Leichtigkeit
und Anmut seiner Melodie erinnert Keiser oft an Mozart. Seine In—
strumentierung übertrifft die seiner Vorbilder bei weitem, besonders
in der Behandlung obligat durchgeführter Soloinstrumente. Zu ihm
kommt im Jahre 1703 Händel. Aber nach den ersten großen Opern—
erfolgen verläßt Händel die Hamburger Bühne und wandert nach
Italien, um dort an der Quelle die dramatische Kunst zu studieren.
Als der neue Stil der einstimmig begleiteten Kunst den Kampf
gegen die Mehrstimmigkeit des Chores aufnahm, ergab sich dieser nicht
sobald. Besonders in Rom hatte die alte Kunst ihre bedeutenden Ver—
treter auch jetzt noch. So schreibt Benevoli Chorwerke, die ganz dem
Charakter seiner Zeit, dem Barock entsprechend, Chormassen auf
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