Salpetersäure, Acidum nüricum , Scheidewasser, HNO;. Bis in das
17. Jahrhundert wurde die Salpetersäure nach einer schon von GEBER gegebenen
Vorschrift durch Destillation von Salpeter mit Alaun oder Kupfervitriol dargestellt,
wobei die beiden letzten Salze Schwefelsäure abgeben, welche den Salpeter zer-
setzt, Die Darstellung aus Salpeter und Schwefelsäure lehrte GLAUBER, nach
welchem noch lange die Säure „Spiritus nitri Fumans Glauberi“ genannt wurde.
LAVOISIER erkannte den Sauerstoffgehalt der Salpetersäure im Jahre 1776, aber
erst CAVENDISH wies später nach, dass die Salpetersäure auch Stickstoff enthalte.
Im freien Zustande findet sich die Salpetersäure in der Natur nicht, wohl aber in
Verbindung mit Ammoniak, Kalium, Natrium, Caleium, namentlich da, wo organische
Stoffe verwest sind. Besonders reichlich findet sich Kalisalpeter, aus dem Harnstoff
des Urins stammend, in Dörfern Ostindiens. Caleiumnitrat kommt vor als Aus-
witterung kalkhaltiger Mauern von Viehställen und Aborten; Natronsalpeter findet
sich in mächtigen Lagern in Südperu. Geringe Mengen Sa!petersäuresalze finden sich in
der Luft, in den meteorischen Niederschlägen, in dem Erdboden und in den meisten
Brunnenwässern, Aus der Ackererde gehen die salpetersauren Salze in die Pflanze
über, welche dieselben auch zum Aufbau ihrer stickstoffhaltigen organischen Be-
standtheile verwenden. Salpetersäure entsteht, wenn man elektrische Funken durch
ein feuchtes Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff schlagen lässt Auch bei der
Verpuffung von Knallgas in Luft und bei der Verbrennung von Wasserstoff in
Sauerstoff unter Zuleitung von Luft entstehen kleine Mengen Salpetersäure. Schon
bei jeder Oxydation in der Atmosphäre entsteht. Ammoniumnitrit und daraus
durch Oxydation Ammoniumnitrat. Aus Ammoniak wird unter dem Einfluss elek-
trischer Entladungen, sowie durch Oxydation bei Gegenwart von Basen Salpeter-
säure gebildet. Die Salpeterbildung beruht. auf einer solchen Oxydation des bei
der Fäulniss zunächst gebildeten Ammoniaks. Die Basen sind hierbei nach einer
früher allgemein herrschenden Ansicht nicht blos das Mittel die Säuren zu binden,
sondern ihre Neigung, sich mit starken Säuren zu vereinigen, veranlasst die Ent-
stehung der Säure. Nach TH. MÜNTZ und A. SCHLÖSING dagegen beruht die
Salpeterbildung auf der Wirkung organisirter Fermente. Die Nitrifieation wird
durch Erhitzen der salpeterhaltigen Erde oder beim Durchleiten von Luft. welche
durch Chloroform geleitet ist, unterbrochen.
Die reine Salpetersäure erhält man durch Destillation ‚gleicher Theile con-
centrirter Schwefelsäure und reinem, vorher getrocknetem Salpeter :
KNO; + H, SO, = HNO; + KHS0.. |
Um die so erhaltene, in Folge der Zersetzung von Salpetersäure kleine Mengen
Stickstoffdioxyd und Wasser enthaltende Säure zu reinigen, destillirt man sie mit
dem gleichen Volum concentrirter Schwefelsäure, und befreit das Destillat von
den kleinen Mengen Stickstoffdioxyd dadurch, dass man die Säure gelinde er-
wärmt und einen Luftstrom dann bis zum Erkalten durchleitet.