Full text: Salpetersäure - Thonschiefer (9. Band)

Lıw SCHLANGENGIFT, 
9—5 Minuten tödtliche Vergiftungen durch Klapperschlangen und die javanische 
Erdschlange beobachtet; in der Regel dauert die Vergiftung durch den Biss grosser 
tropischer Schlangen 15 Minuten und darüber. Die Verletzungen durch Kreuzottern . 
und Vipern, welche beim Erwachsenen nur ausnahmsweise eine tödtlich endende X 
Vergiftung hervorrufen, werden bei Kindern meist erst nach Ablauf von 24 bis 4 
48 Stunden tödtlich. Bebi 
Von besonderem Interesse ist die ungleichartige Wirkung des Schlangengiftes dar 
auf verschiedene Thiere. Die niedersten Organismen (Baeillen, Monaden) werden Amt 
dadurch nicht affieirt, Frösche sind gegen das Gift von Kreuzottern, Sandvipern, fe 
Klapperschlangen und Trigonocephalen 7 00—1000mal weniger empfindlich als A 
Hunde und Affen. Giftschlangen sind gegen ihr eigenes Gift, nicht aber gegen An 
dasjenige anderer Species unempfindlich (FAYRER). Die älteren Angaben über die EL 
Unempfindlichkeit verschiedener Säugethiere, z. B. Igel, Mungo, Ichneumon, gegen gal 
Schlangengifte beruhen auf Irrthum und sind bezüglich des Igels auf den Schutz rien 
zurückzuführen, den ihm seine Stachelhaut gegen den Biss von Thieren überhaupt AR 
verleiht. Ebenso sind die Erzählungen über Immunität bestimmter Menschen als auch 
unrichtig zu betrachten. Es liegen genug verbürgte Beispiele vor, dass indische sind 
und egyptische Schlangenbeschwörer, die eine solche Immunität vorgaben, und wele 
auch Angehörige des Stammes der Aissacouas in Algier, denen in ihrer Heimat gl 
die Unempfindlichkeit allgemein zugeschrieben wird, durch Schlaugenbisse tödtlich wen 
verletzt wurden. Thatsache ist nur, dass in Indien und Afrika Individuen mit Gift- 
schlangen, und zwar mit Arten der gefährlichsten Gattung (Naja) in einer Weise ut 
manipuliren, dass dieselbe höchst gefährlich erscheint , ja dass sie sich geradezu Em 
von denselben beissen lassen. Man hat vermuthet, dass sie denselben die Giftzähne Verl 
entfernt haben, doch ist dies nicht erwiesen. Vermuthlich lassen sie die Schlangen Alkı 
vor den Vorstellungen, die sie mit ihnen geben, mehrfach beissen, da nach 4 bis wen 
5 Bissen kein Gift mehr in der Giftdrüse ist. Von den Aissacouas gibt BOUDIN hen 
an, dass sie durch wildes Tanzen sich in einen Aufregungszustand versetzen, ehe fahr 
sie sich beissen lassen. Schon MInNvuTOLI (1821) erzählt, dass die afrikanischen wit 
Schlangenbeschwörer sich bei ihren Vorstellungen wie Rasende geberden und Sie 
ihnen der Schaum vor den Mund tritt, und redet dabei vom Kauen eines nar- ale 
cotischen Krautes, das Speichelfluss erregt. Andere wollen eine Gewöhnung an das r 
Gift durch Einimpfung als Ursache der vermeintlichen Giftfestigkeit annehmen. | 
In Hinsicht auf die Behandlung der Vergiftung durch Schlangenbisse ist fest- 
gestellt, dass bei den Verletzungen durch grössere Giftschlangen die Verhinderung Y 
des Ueberganges des Giftes in den Kreislauf und die Zerstörung desselben an N 
der Bissstelle das einzige Mittel zur Lebensrettung darstellt. Auch bei den Bissen N 
der kleineren europäischen Giftschlangen ist die Örtliche Behandlung in allen I 
Fällen, und selbst dann noch geboten, wenn bereits entfernte Vergiftungserschei- 
nungen eingetreten sind. Die Behandlung mit inneren Mitteln führt für sich 
niemals zu einem befriedigenden Resultate. Ein Gegengift gegen das resorbirte en 
Gift existirt nicht; eine Zerstörung desselben ist unmöglich, da die dazu vielleicht sich N 
eignenden Medicamente auch die Zerstörung der den activen Prineipien des Schlangen- in 
gifts ähnlichen Eiweisskörper des Blutes herbeiführen würde. = 
Die locale Behandlung besteht in der Ligatur des verletzten Gliedes, indem N 
man an demselben ein festes Band oder einen Riemen, zur Noth auch ein zu- 
sammengedrehtes Tuch möglichst nahe so fest anlegt, dass der arterielle Kreislauf 5 
unterhalb derselben sistirt wird. Man kann damit auch gleichzeitig den Gebrauch N 
eines trockenen Schröpfkopfes verbinden, wenn solcher zur Hand ist. Dann 5 
schreitet man zur Entfernung des Giftes durch Abwaschen, das jedoch nur bei ober- . 
flächlichen Ritzwunden und zur Beseitigung etwa in der Nähe der Wunde zurück- { 
gebliebenen Giftes nützt. Von Altersher ist das Aussaugen der Wunden empfohlen. 
Nach den Ermittlungen über die Resorptionsverhältnisse des Schlangengiftes ist 
dies bei den Verletzungen durch grosse Giftschlangen nicht gefahrlos, auch wenn 
Lippen, Zunge und Mundschleimhaut völlig unversehrt sind. Bei Viper- und Kreuz- 
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