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ein nicht unwesentlicher Theil des Nicotins. Ferner läuft das ganze Wesen der
Fabrikation darauf hinaus, den Nicotingehalt der Tabakblätter zu vermindern, Es
sind daher für den Wohlgeschmack und die Güte des Tabaks andere Momente
entscheidend als der Nicotingehalt‘“. Ohne Zweifel bedingen harzartige Stoffe, die un
in den Blättern schon vorgebildet sind, und solche Körper der aromatischen Reihe, 3
welche erst während des Brennens entstehen, den Wohlgeschmack. Als ein Ge- 3
schmack verursachender Körper wird auch das Nicotianin oder der Tabaks- |
kampher (Bd. VII, pag. 331) genannt, der vielleicht im Tabak gar nicht
existirt (KISSLING) und sich erst beim Rauchen entwickelt. Im 'Tabakrauch selbst
soll kein Nicotin vorhanden sein, wohl aber kommen Pyridin, Lecithin, Blausäure
vor, denen die bekannten toxischen Wirkungen zuzuschreiben sind; diese Wirkungen .
werden auch auf Schizomyceten, wie auf Bacıllus cholerae astaticae, Bacıllus /
typhi abdominalis, ausgeübt, wonach dem Tabakrauch eine desinficirende Eigen- .
schaft nicht abgesprochen werden kann (v. TASSINARI, Centralbl. f. Bacteriol, etc. |
IV, Nr. 15). ;
In reifenden Tabakblättern sind grössere Mengen von Stärke enthalten. Während 5
des Trocknens der Blätter verschwindet aber der grösste Theil derselben und der .
daraus entstandene Zucker gibt Veranlassung zu einer kräftigeren Athmung, die N
wiederum die bekannte rasche Selbsterwärmung geernteter Tabakblätter erklärt. S
Ein Zusammenhang zwischen Stärkegehalt und Güte des Tabaks 5
kann aber nicht erwiesen werden (H. MÜLLER-TAURGAU, Landw. Jahrb. 1885, a
pag. 485 ff.).
Gründliche Untersuchungen von SCHLÖSING haben die Abhängigkeit der Nicotin- N]
mengen in einer Tabaksorte von bestimmten Culturbedingungen ergeben. Diese sind ;
die Abstände der Pflanzen von einander, die Anzahl der Blätter einer Pflanze, Ü
die Stellung der Blätter und die Zeit des Wachsthums. Wahrscheinlich ist auch
dem Dünger ein Einfluss auf die Nicotinbildung zuzuschreiben. Bezüglich des '
ersten Punktes konnte SCHLÖSING die interessante Thatsache nachweisen, dass m
mit der Verringerung der Abstände der angebauten Pflanzen auch der Nicotin- |
gehalt sinkt, so zwar, dass er um 50 Procent niedriger ausfällt, wenn mehr als N
12000 und nicht mehr als 20000 Pflanzen auf 1ha gesetzt werden. Der Nicotin- x
gehalt steigt mit der Verminderung der Blätter; besitzt die Pflanze z. B. “
14 Blätter, so betrug der Nicotingehalt 1 Procent; liess man der Pflanze nur *
10 oder 6 Blätter, so waren 1.27, beziehungsweise 1.72 Procent enthalten. Und 2
endlich wurden in vollreifen Blättern 6—-7 Procent, in jüngeren Blättern (14 Tage ;
vor der Vollreife} nur 3 Procent Nicotin gefunden. 8
Eine weitere bedeutende Veränderung der chemischen Bestandtheile wird durch MN
die Zubereitungs- und Verarbeitungsprocesse veranlasst, wie unten zu ersehen ist.
Nur auf gutem und reichlich gedüngtem Boden lässt sich ein rationeller Tabak-
bau durchführen. Zur gedeihlichen und fast monströsen Entwickelung der Blätter
werden die Pflanzen eingespitzt, d.h. ihrer Gipfelsprosse, die die Blüthen-
knospen tragen, beraubt; bald nach dem KEinspitzen entwickeln sich in den Blatt-
winkeln Seitentriebe, die alsbald entfernt werden müssen, was man das
Geizen nennt. Nach Verlauf von etwa 4 Wochen nach dem Einspitzen beginnen
die Blätter zu reifen, wobei sie rauh, diecklich und gelbgrün, mitunter fleckig D
werden, die untersten senken sich nach abwärts.. Die zweckmässigste Aberntung w
wird in Nordamerika und Persien geübt und besteht darin, dass man die ganzen
Pflanzen erntet, und die Blätter an den Stämmen einer Nachreife überlässt, die
den Zweck hat, den Blättern eine gute Farbe zu verleihen, damit sie als Dec k- »
blätter verwendet werden können. Sonst werden häufig die auf dem Felde stehenden
Pflanzen entblättert, was viele Nachtheile mit sich bringt, übrigens dann geschehen
muss, wenn die Pflanzen, respective die Blätter sehr verschiedene Reifezustände
besitzen. Hierauf kommen die Pflanzen in Trockenräume, wo sie entweder einfach
getrocknet werden oder mit Zuhilfenahme künstlicher Wärme. Sonnenwärme ist
unter allen Umständen zu verwerfen. Mit der Entblätterung (oder Blatternte) wird