SAUERSTOFF. 75
Die beste Methode zur Darstellung des Sauerstoffs, welche auch im Labora-
* torium jetzt allgemein benutzt wird, ist aber diejenige, welche auf der Zersetzung
des Kaliumehlorats beruht. Das chlorsaure Kalium wird in einer Retorte aus
schwer schmelzbarem Glase oder in einem ERLENMEYER’schen Kolben über der
direeten Flamme vorsichtig so lange erhitzt, als eine Gasentwickelung stattfindet.
Das entweichende Gas wird durch das Gasleitungsrohr in einem geeigneten Ge-
fässe über Wasser aufgefangen. Das chlorsaure Kalium zerlegt sich unter Schmelzen
bei 352° zunächst in Sauerstoff, Chlorkalium und überchlorsaures Kalium, welches
letztere in höherer Temperatur auch in Chlorkalium und Sauerstoff zerlegt wird:
1. 2KC10; =KCl+KC10, + 0,
2, KO, = Kl 0,.
Die Entwickelung des Sauerstoffs aus dem chlorsauren Kalium ist eine viel
nn gleichmässigere und vollzieht sich bei viel. niedrigerer Temperatur, schon bei
A % 200—205°, wenn man dem Salze das gleiche Gewicht gepulverten Braunsteins
UM beimischt. Dieselbe Wirkung, wie Braunstein, besitzıen auch Kupferoxyd, Blei-
neben superoxyd und Eisenoxyd. Ein Gemisch von Kaliumceh orat mit dem gleichen Ge-
EYOCH wicht von gefälltem Eisenoxyd entwickelt schon bei 110—120°, mit dem gleichen
ni Gewicht Kupferoxyd bei. 230— 235°, mit dem gleichen Gewicht Bleisuperoxyd bei
SE 280— 2850 Sauerstoff. Alle diese Substanzen bleiben bei dem Erhitzen unverändert,
:DSCSELZt es sind sogenannte Contaetsubstanzen.
F Der aus Kaliumehlorat, namentlich unter Zusatz von Braunstein entwickelte
ES ent- Sauerstoff ist stets durch geringe Mengen von Chlor verunreinigt, zu dessen Be-
agen und seitigung der Sauerstoff durch Natronlauge gewaschen werden muss. Diese dient
x, ich auch gleichzeitig zur Entfernung kleiner Mengen beigemengter Kohlensäure, welche
nd. ihre Bildung der Zersetzung vorhandener organischer Substanzen verdankt. 100g
jenutzen, Kaliumehlorat liefern 27—281 Sauerstoff,
dass der An Stelle der Verwendung von Glasflaschen zur. Darstellung des Sauerstoffs
Aurceh Erhitzen eines Gemisches von Kaliumehlorat und Braunstein kann man
les Sauer- zweckmässig, namentlich bei häufigerer Darstellung, Retorten aus starkem Kupfer-
Neeksilber blech oder auch aus Schmiedeeisen oder dünnem Gusseisen benutzen, wie ‚man
solche ‚auch zur Gewinnung des _Sauerstoffs_ durch Erhitzen von Braunstein_ für
sich benutzt.
+ oder in Ebenso wie ein Zusatz von Braunstein zum Kaliumcehlorat die Zersetzung dieses
elzbarem, Salzes in der Wärme erleichtert, gibt auch Chlorkalk, dessen Gehalt an unter-
sweise im chlorigsaurem Caleium sich, wie schon erwähnt, in der Hitze gemäss der Gleichung :
der Glas- Ca Os CL. = Ca Cl, + 0,
Kent zum zerlegt, nach Zusatz scheinbar indifferenter Substanzen schon bei verhältnissmässig
niederer Temperatur Sauerstoff ab. Beim Erhitzen einer Chlorkalklösung mit einer
N nur geringen Menge von Kobaltnitrat auf 70—80° findet eine regelmässige KEnt-
; wiekelung von Sauerstoff statt, bis alles unterchlorigsaure Calcium in Chlorealeium
übergeführt ist. Um das Schäumen der trüben Chlorkalklösung zu beseitigen, setzt
man der Lösung einige Stückchen Paraffin zu; die sich bildende Decke des ge-
schmolzenen Paraffins hindert das Schäumen. Nach WINKLER kann man einfach
in die mit Kobaltsalz versetzte dicke Kalkmilch Chlor einleiten, wobei sich, ohne
dass Ueberschäumen stattfindet, direct Sauerstoff entwickelt.
Zur Entwiekelung von Sauerstoff im KIPP’schen Apparate benutzt J. VOLHARD
die Zersetzung des Wasserstoffhyperoxyds mit Chlorkalk:
CaO, Cl, + H; 02 = Ca Cl, + H,O + 0s.
Obgleich diese ohne Säurezusatz von Statten geht, so empfiehlt sich doch ein
solcher, weil sich, wenn die Flüssigkeit alkalisch wird, ein Schlamm abscheidet,
der neben Spuren Manganoxyd Spuren Kisenoxyd enthält, welche katalytisch auf
das Wasserstofthyperoxyd einwirken. Deshalb setzt man so viel Säure_hinzu, als
nöthig ist, um das freie Alkali des Chlorkalks zu binden.
Nach VOLHARD füllt man den Kıpp’schen Apparat mit 11 Wasserstoffhyper-
oxydlösung (2.88 Proc. H, 0, enthaltend), 300 g Chlorkalk und 53 cem roher Salpeter-