Full text: Gedanken über Tod und Unsterblichkeit (3. Band)

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Systeme, die Religionen, die Götter der Menschen zu Grunde? Ist der 
Geist des achtzehnten Jahrhunderts der des neunzehnten? der Geist des 
Juͤnglings der Geist des Mannes? 
Jede Schrift, die ich schreibe, ist ein Spiegel meines Wesens, 
ein Abdruck aller meiner Fähigkeiten, in dem Augenblick, wo ich sie 
schreibe, das Höchste, was ich weiß und denken kann; aber gleichwohl 
verschwindet mir die Schrift, welche a priori für mich von unvergäng⸗ 
licher Bedeutung war, mit der Zeit in Nichts. So ist es auch mit 
dem Menschen. Jeder ist ein Spiegel des Universums, Jeder eine 
Schrift, in der die Natur giebt, was sie nur immer unter dieser und 
diesen Bedingungen und Umständen geben konnte; und Jeder ist, indem 
er seine eigne Schrift liest, so entzückt von ihr, daß er a priori ihre 
Unsterblichkeit demonstrirt, daß er sich unmöglich denken kann, daß sie 
je zu Makulatur gemacht werden könne. Aber gleichwohl zeigt sich, 
aber erst a posteriori, daß diese Schrift nicht das opus postumum der 
Natur war, daß die Natur, unaufhörlich schaffend, an die Stelle der 
alten Schriften neue setzt, weil sie sich selbst verändert und daher in den 
alten Spiegeln nicht mehr sich erkennt. Bliebe das Universum immer 
dasselbe, so blieben auch immer dieselben Individuen; sie würden nicht 
sterben, aber es verändert sich; also kommen nothwendig auch andere 
Individuen, in denen sich dieses sein verändertes Wesen Soncentrirt und 
abspiegelt. Und so vergänglich der Mensch, so vergänglich ist auch 
sein Geist. „Der Geist? der Geist, für den es keinen Raum und keine 
Zeit giebt, der die Sterne mißt, der das Unendliche, das Al umfaßt?“ 
Aber siehst Du nicht auch auf dem Auge das Unendliche, das All sich 
abspiegeln? waͤre die Sternenwelt Gegenstand Deines Geistes, wenn 
sie nicht Gegenstand Deines Auges wäre? Und doch siehst Du dieses 
Auge, das Dir allein die „Wunder des Himmels “ aufschließt, er— 
söschen. Wie reimt sich diese Erscheinung mit der himmlischen, uni— 
versellen Natur des Auges? Warum vergissest Du also über der Herr— 
lichkeit des Geistes die Herrlichkeit des Auges, der Sinne, des Körpers 
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