Full text: Gedanken über Tod und Unsterblichkeit (3. Band)

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WR überhaupt? Oder ist etwa, wie der Platonismus und Christianismus 
het dd behauptet, der Körper eine „lästige Fessel des Geistes?“ Wie abge— 
schmackt! Der Körper ist das Fundament der Vernunft, das 
Band der logischen Nothwendigkeit, welches allein den 
Menschen zur Räson bringt und verhindert, daß seine Gedanken sich 
nicht ins Gebiet phantastischen Unsinns verlieren; er ist insofern aller— 
dings eine Fessel, aber eine Fessel, welche die Sanitätspolizei der Natur 
dem Wahnsinn des Menschen angelegt hat. „Wohl könnten wir, 
sagt noch im neunzehnten Jahrhundert der christliche Manichaäissmus ), 
Amerika, Afrika und alle uns verborgne Länder der Erde erkennen, 
wenn uns nicht der schwere Leib an die Erdscholle unserer Geburt 
fesselte.“ Wie lächerlich! Hast Du denn keine Beine, die Dich nach 
Afrika und Amerika tragen? Aber freilich, der Gang auf den Beinen 
ist Dir zu langweilig und mühselig. Du willst als christlicher Engel 
in einem Nu über die Berge von Schwierigkeiten hinüberfliegen, die sich 
der irdischen Erkenntniß entgegenstellen. Aber siehst Du denn nicht, 
daß diese im Flug erworbne Kenntniß eine flüchtige, oberflächliche sein 
würde? siehst Du nicht, daß die Schwere des Körpers das Funda— 
ment gründlicher, solider Erkenntniß ist? Seit wann haben denn 
die Christen eine Erkenntniß der Erde, der Natur überhaupt? Seitdem 
sie nicht mehr den Leib als „eine hemmende Fessel des Geistes“ betrach— 
teten, nicht mehr im Flug des Gedankens oder der Phantasie als 
himmlische Geister über die Natur hinweg sich setzten, sondern den Kör— 
per zum Fundament und Mittel der Wissenschaft machten. 
„Wohl hätten wir““, fährt der rationalistische Manichäismus fort, 
n „das Vermögen zu erkennen und zu begreifen, was auch in dem Monde, 
4 * dem Merkur, der Venus, den andern Planeten, den Kometen, der 
3 Sonne ist, aber der Körper fesselt uns an diese Erde.“ Wie 
det heu⸗ *) Oder: „Die religiöse Glaubenslehre nach der Vernunft (?) und der Offen⸗ 
Kwild barung für denkende (2) Leser.“ 
Feuerbach's sämmtliche Werke, 1II 
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