Full text: Gedanken über Tod und Unsterblichkeit (3. Band)

lächerlich! Ist es nicht der Körper, das Auge, das uns zu Sonne, 
Mond und Sternen erhebt? Stammt der Reichthum der modernen 
Astronomie nicht allein daher, daß sie sieht, was die alte Astronomie 
nicht sehen konnte? Allerdings läßt uns der Körper nicht von der Erde 
weg, aber diese Schranke ist eine sehr vernünftige Schranke, die 
nur das sokratische: Erkenne Dich selbst uns zuruft, nur daran 
uns erinnert, daß wir nicht, wie die Christen, über dem Himmel die 
Erde, über dem Fernen das Nächste vergessen, nicht um Allotria uns 
bekümmern und mit dem Wissen, das der Mensch auf der Erde von 
den Sternen hat, haben kann und im Verlauf der Geschichte noch 
bekommen wird, begnügen; denn wir wissen das Nothwendige und 
Wesentliche von ihnen, was freilich nicht die Neugierde befriedigt; 
aber wer kann diese befriedigen? sie ist unerschöpflich in Fragen. Es ist 
daher Nichts verkehrter, als wenn man bei der Frage von der Unsterb— 
lichkeit des Menschen nur die Partei des Geistes ergreift und von seinem 
sichtbaren, überhaupt sinnlichen Wesen abstrahirt, gleich als hätten die 
Sinne nicht auch ein gewichtiges Wörtchen mit drein zu sprechen. Und 
doch ist diese Verkehrtheit eine Nothwendigkeit; denn um einen unsterb— 
lichen Geist aus dem Menschen herauszubringen und in den Himmel 
zu expediren, muß man die Sinne verschließen, nur seiner Einbildung 
Gehör geben. Der Geist, das Wesen ohne Körper, ohne Sinne, ohne 
örtliche und zeitliche Schranken ist freilich per se unsterblich; aber dieser 
Geist, dieses Wesen ist kein wirkliches, sondern eingebildetes Wesen, ist 
nichts Andres als das Wesen der menschlichen Einbildungskraft. In 
der Einbisdung durchfliegst Du wohl in einem Nu alle Zeiten und 
Raͤume; aber merke Dir wohl: es sind nur eingebildete Zeiten 
und Räume. Wie willst Du daher aus dieser eingebildeten Raum- und 
Zeitlosigkeit eine wirkliche zeit- und raumlose Existenz folgern? Ich setze 
oder denke, sagt der Spiritualist, wo er die ersten Gründe seiner Theo⸗ 
logie und Unsterblichkeit entwickelt, es sei kein Mensch, kein Körper, 
keine Welt; aber glaubst Du, daß deßwegen wirklich kein Körper, kein 
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