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dem Standpunkt der Russen. Der Bojar oder Czar vielmehr ist der
Geist, der Unterthan oder gemeine Russe der Leib. Aber wie die Ma—
jestät des Czaren nur in der Meinung und Einbildung des Russen, so
existirt auch die Majestät des Geistes nur in der Einbildung der Men—
schen und ihrer Unwissenheit von seinem wahren Wesen. Der gemeine
Russe weiß Nichts von der Geschichte seines Czaren, weiß nicht, daß
sich die Majestät zuletzt auf einen Schweinehirten oder sonst ein anderes
Wesen seines Gleichen reducirt; er macht daher in dieser seiner Un—
wissenheit von den geschichtlichen Bedingungen der Majestät den Czaren
zu einem Geschöpf seiner Einbildung, zu einem Wesen von Gottes
Gnaden; und der Spiritualist weiß Nichts von der Chronique scanda-
leuse des Geistes*), Nichts von der natürlichen Entstehungsgeschichte
aller seiner supranaturalistischen Phantasmen und Abstractionen, Nichts
von seiner Identitaät mit dem gemeinen, sinnlichen Wesen des Menschen;
er macht ihn daher zu einem Wesen von Gottes Wesen, d. h. zu einem
Wesen, das nur der menschlichen Abstraction, Einbildung und Un—
wissenheit sein Dasein verdankt. Der Russe weiß Nichts davon, daß
der Czar nicht des Czaren, sondern des Russen wegen, der Mensch nicht
des Staates, sondern der Staat des Menschen wegen da ist, daß die
Majestät nur deßwegen heilig gesprochen wird, damit Leben, Person
und Eigenthum des gemeinen Russen heilig sei, daß der Glanz der
Majestät also kein eigenes, sondern erborgtes, abgeleitetes Acht ist; und
der Spiritualist weiß Nichts davon, daß der Mensch nicht des Geistes,
sondern der Geist des Menschen wegen da ist, daß das sinnliche Wesen
nicht ein Attribut oder gar Anhängsel des Geistes, sondern der Geist
*) Als einst ein Anatom die Lage der Gebärmutter zeigte, sagte er: „Hier lasset
uns bespiegeln, wir Menschen, die wir mit unserer adeligen Ankunft prangen und mei—
nen, wir seien besser als andere, hier ist unsere erste Wohnung zwischen Harn und
Koth.“ Ja hier lasset Euch bespiegeln, Ihr vornehmen, zimpferlichen Spiritualisten,
die Ihr den natürlichen Ursprung des Menschen, die materielle, sinnliche Genesis des
Geistes zu despectirlich findet, und Euch daher für uranfängliche Herren von Gott eder
Geist haltet!
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