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ein Attribut des sinnlichen Wesens ist, daß nur ein sinnliches Wesen
das Bedürfniß des Denkens empfindet, die Sinnlichkeit also der Grund,
die Voraussetzung der Vernunft, des Geistes ist — aber eine Voraus—
setzung, die sich nicht, wie in der Hegel'schen Dialektik, als eine richtige,
scheinbare, transitorische erweist, sondern eine bleibende Wahrheit ist.
Als einst ein Erzbischof von Köln seinen großen Pomp und Prunk
vor einem armen Taglöhner, welcher ihn deßhalb auslachte, mit der
Distinction rechtfertigte, daß er „nicht schlecht ein Geistliche Person,
sondern zugleich ein Weltlicher Fürst und fürnehmes Glied des h. Rö—
mischen Reichs sei, wandte ihm der Taglöhner ein: Wann dann nun der
Teuffel den Fürsten zur Höllen führet, wo würde alsdann der Erz⸗—
bischof bleiben?“*) Ich frage deßgleichen die sämmtlichen Glieder des
heiligen christlich germanischen Geisterreichs: wo denn der geistliche Herr
bleibt, wenn der weltliche, leibliche Herr zum Teufel fährt?
„Was vermögen alle Gründe gegen die Unsterblichkeit wider das
Gefühl? Ich habe aber eine Ahnung meiner zukünftigen Eristenz, ich
fühle es, daß ich unsterblich bin, also bin ich es, denn das Gefühl
ist untrüglich.“ Das heißt: ich bilde mir ein, ich glaube, unsterblich
hiß zu sein, darum fühle ich mich unsterblich, gleichwie der Mensch fühlt,
e Wesen daß er von Butter ist, wenn er es sich einbildet, fühlt, daß seine Nase
hf fortwährend wächst, wenn er, sei es nun aus freien Stücken oder auf
Einreden Anderer, glaubt, daß sie immer größer wird. Allerdings ist
jr lisct das Gefühl untrüglich, aber nur das ursprüngliche, unmittelbare Ge—
fühl, das Gefühl, welches das offenbare Dasein, die sonnenklare
n Gegenwart seines Gegenstandes voraussetzt und beurkundet. Ein
) Zinkgref Teutsche Apophthegmata.