Full text: Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnitz'schen Philosophie (5. Band)

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gesprochen ist, wenn wir gleich bestimmt und zuverlässig wissen, daß 
wir nie noch diesen Gedanken gehabt haben? Sich von einer Wahrheit 
Überzeugen, oder sie als Wahrheit erkennen, heißt eben nichts Anderes, | 
als sie in der Identität mit der Vernunft erkennen; sie aber als identisch m 
mit der Vernunft erkennen, heißt nichts Anderes, denn sie als a priori nm 1 
in der Vernunft begründet, ihr immanent, ihr eingeboren erkennen, jet 
wenn gleich die Erfahrung diese Ueberzeugung vermittelt haben mag. ben 
Aber die Vermittlung ist nur die Bedingung , nicht die Genesis, der UE 
Ursprung. Das von Außen scheinbar Gegebene lag „der Kraft, der ci 
Möglichkeit nach“ in uns. Ohne Luft und Wasser, Licht und Wärme an 3 
bringt die Pflanze keine Blume aus sich hervor. Aber so roh und falsch ZP 
es wäre, aus diesen bedingenden Stoffen die Blume selbst ableiten zu vm 
wollen, so roh; und falsch ist es, die Sinne als die Quellen der Ideen ae 
zu fassen, obgleich, wie sich von selbst versteht, die sinnlichen Vorstellun- Vedi 
gen, eben weil sie sinnliche sind, in den Sinnen ihren Sitz und Ursprung (iwas 
haben. NÜ 
In dem Sinne, in welchem Lo>e die angebornen Ideen versteht y 
und sie daher verwirft, in diesem Sinne ist uns gar Nichts angeboren, m 
nicht einmal unsere Hände und Füße, unsere Sinne, unser Körper. Me 
Was ich nicht gebrauchen kann zu seinem bestimmten Zwecke, in dem es it 
allein das ist, was es ist, was nicht in meiner Gewalt ist, das ist auch ; 
nicht mein. Erst durc; Uebung und Gebrauch, durch die Thätigkeit ' 
wird der Leib unser Leib. Die Hände und Beine gehören dem Kinde, vn 
das in den Windeln gebunden liegt, noch nicht an, weil es sich selbst TU 
no< nicht angehört. Homo fit, non nascitur. Der Mensch ist Len 
sich selbst nicht angeboren im Sinne Lo>e's. Er bringt nichts auf die Th 
Welt als Hunger und Durst, d. h. eine Leere, aber eine Leere mit dem ; 
Gefühl der Leere, mit dem Gefühle der Unbehaglichkeit und Eitelkeit 
des leeren Magens, also eine Leere, die der Trieb nach Erfüllung, die 
folglich nicht leer ist; denn der Trieb hat, wenigstens in seinem Nor- 
malzustande, =- und von diesem nur hängt die wahre Erkenntniß eines
	        
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