Full text: Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnitz'schen Philosophie (5. Band)

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ständigkeit als Denken für sich hervortritt. Der Simpel, ja jelbst 
der ungebildete Mensch sicht und hört =- eine triviale Wahrheit -- mit 
denselben , ja vielleicht physisch noch besser ausgestatteten Augen und ! 
Ohren nicht das und soviel , als der gebildete Mensch sicht und hört. jW 
Alles liegt in der Anschauung ; richtig; aber um es zu finden und zu Ur 
sehen, muß man denken. Augen und Ohren haben im Thiere, wie dies A 
namentlich aus einigen merkwürdigen Phänomenen bei niedern Thier- ar 
arten hervorgeht, ihre wesentliche Bestimmung nur in Bezug auf seine 3 
Selbsterhaltung ; sie sind seine Shußwachen und die Lieferanten seiner am 
Lebensbedürfnisse. = Aber im Menschen erhalten sie eine hößere, von 
der bloßen Beziehung auf die Noth des Lebens unterschiedene und un- Kt 
abhängige Bedeutung ; sie bekommen eine theoretisc<e Bedeutung. w 
Die Sinne sind hier shon ursprünglich Emanationen des theo- 
retis<en Vermögens. Der Mensch ist geboren zur Theorie. Die 
Sinne sind die Mittel seiner Erkenntniß, aber die Mittel, die nur wirk- 
sam, ja nur Mittel sind unter Voraussezung von dem Dasein ihres | 
innern Zweckes -=- des theoretisch thätigen, des denkenden Ver- | 
mögens. Die Sinne erleuchten uns die Welt, aber ihr Licht ist nicht 
ihr eignes , sondern kommt von der Centralsonne des Geistes. Be- 
wunderung ist der Anfang der Erkenntnißz; aber die Bewunderung ent- 
springt nicht aus dem Sinne, sondern aus dem Geiste vermittelst 
der Sinne. 
Die große historische Bedeutung des Empirismus besteht allerdings 
darin, daß er die Sinne, die Mittel der Erkenntniß in ihre Rechte ein- 
gesegt, überhaupt die Sphäre des Mittelbaren, des Empirischen zu einem 
unerläßlichen, wesentlichen Gegenstand erhoben hat. Nur der empiri- 
schen Philosophie haben wir zunächst es zu verdanken, daß wir von den 
unzähligen und den furc<tbarsten Uebeln , die sonst die Menschheit mar- 
terten, von den Schrenissen der dezozI0uovic , des Aberglaubens 
frei, nicht mehr die Dupes und Sklaven dämonischer Willkführherrschaf- 
ten sind ; nur ihr verdanken wir es, daß uns nicht mehr, wie weiland,
	        
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