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jener in Friedens-, dieser in Kriegszeiten — dann, wann einer die Existenz des Teu⸗
fels angreift.
22) Es ist mehrmals schon erinnert worden, daß nur die Theologen, welche
die moralischen Gesetze von dem Willen Gottes abhängig machten, das von allen
Einflüsterungen der Philosophie oder Vernunft rein gehaltene, charakteristische Princip
der Theologie geltend machten. Siehe hierüber auch den sehr orthodoxen, zugleich
aber auch sehr vernünftigen Walch: Art. Moralität und Art. Gesetz der Natur, wo
er die scholastische Lehre von einer moralitas objectiva, antecedenter ante voluntatem
divinam für einen Irrthum, und Art. Gesetz, wo er „dasjenige, was die Schullehrer
von dem sogenannten ewigen Gesetz geschwatzet, für eine ungereimte Sache“ und die
Meinung, „daß, im Fall kein Gott wäre, gleichwohl ein natürlich Gesetz sei, für
eine lächerliche und ungereimte Grille“ erklärt. (Man vergleiche über diese Materie
auch Leibnitz Theodic. P. II. F. 175 — 183.) Leibnitz (Epist. 14 ad Hanschium)
macht zwar bei Gelegenheit der Behauptung des Buddeus, daß alles Recht, alle Mo—
ralgesetze nicht von der Natur der Dinge, sondern von einem despotico quodam Dei
arbitrio abhängen, die Bemerkung: quod, ni fallor, saepe in nostris theologis graviter
reprehensum est et hodie pene ab omnibus theologis reformatis rejectum. Aber —
auch abgesehen von dem gehässigen Ausdruck: despotische Willkür — das thut
nichts zur Sache. Was Theologen gebilligt oder verworfen haben, ist deßwegen noch
nicht immer von ihnen als Theologen gebilligt oder verworfen worden; man muß
strenge unterscheiden zwischen dem, was aus dem partikulären Princip der Theologie
und dem universalen Princip der Vernunft kommt. Der Wille, richtiger die Willkühr
ist und war das Princip der Theologie. Die Verbindlichkeit der Moralgesetze lag
und liegt für sie nur in dem Befehl Gottes. „Weil, sagt z. B. Luther (Ausleg. des
andern Kapitels des ersten Buchs Mose), durch Gottes Wort geordnet und geboten
ist: du sollst nicht stehlen; so sündigt ein jeder, der etwas frembdes angreifet.
Da aber in Egypten den Juden befohlen war, sie solten Geld von ihren Nachbarn
auftreiben und mit sich hinweg nehmen, war es keine Sünd e; denn es entschul—
digte sie Gottes Befehl und Geboth, welchem man in alle Wege und in
allen Dingen gehorsamen soll.“ Der Begriff der positiven Gesetzgebung
war der oberste Begriff — denn man darf sich hierin nicht täuschen lassen durch das,
was die Orthodoxen von dem innerlichen, natürlichen Licht oder Gesetz geredet haben.
Und das Recht der Gesetzgebung, der Grund zur Verbindlichkeit wurde abgeleitet aus
dem absoluten Rechte Gottes über die Menschen, aus dem Begriffe der H errschaft,
oder der Allmacht, oder der Vollkommenheit, die sich aber stets mit der Vorstellung
der quantitativen Unendlichkeit, d. i. der Größe und Macht in Eins vermischte, oder aus
ihm als dem Schöpfer, Vater und Erhalter. Kurz, die innere Macht des Guten,
die doch in Wahrheit seine einzige Macht, seine Allmacht ist, war unbekannt, war
verschwunden. Die Ethik hat kein ethisches Princip. Die Vorstellung des äußer— 3
lichen Gesetzgebers hatte dem Geiste, wie dem Gemüthe des Menschen das Gute ent—
fremdet, die Idee desselben in das Gebiet der Jurisprudenz oder, richtiger, Polizei —
wenn auch theologischer — in das Gebiet äußerlicher, nur positiver Gesetze gespielt —
daher auch, im Vorbeigehen gesagt die juristische Fassung der Leibnitz'schen Theodicee,