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Elfte Vorlesung.
Ich habe es schon erklärt, die Bedeutung der Paragraphen, die
mir den Text dieser Vorlesungen bilden, ist lediglich die, wissenschaftlich
zu rechtfertigen, zu begründen, was der einfache Sinn der alten und
noch jetzigen Naturvölker thatsächlich, wenn auch nicht bewußt, in der
Verehrung der Natur als eines göttlichen Wesens ausgesprochen, näm—
lich, daß sie ein erstes, ursprüngliches, unableitbares Wesen sei. Vor 4
allem muß ich aber zwei Einwendungen begegnen. Erstens kann man
mir einwenden: was, Du Ungläubiger, willst die Naturreligion recht—
fertigen? Stehst Du damit nicht auf dem von Dir so scharf kritistrten
Standpunkt der Philosophen, die die Glaubensartikel des Christen⸗ al⸗
thums rechtfertigen, nur mit dem Unterschiede, daß Du das Dogma der
Naturreligion, den Glauben an die Natur rechtfertigen willst? Ich er—
wiedere hierauf: die Natur ist mir keineswegs deßwegen ein Ursprüng—
liches, weil die Naturreligion sie als solches ansieht und verehrt, son—
dern vielmehr daraus, weil sie ein Ursprüngliches, Unmittelbares ist,
folgere ich, daß sie auch dem ursprünglichen, unmittelbaren, folglich der
Natur verwandten Sinn der Völker als solches erscheinen mußte.
Oder anders: die Thatsache, daß die Menschen die Natur als Gott ver—
ehrten, ist mir keineswegs auch zugleich der Beweis für die Wahrheit
des dieser Thatsache zu Grunde liegenden Sinnes; aber ich finde in ihr
die Bestätigung des Eindruckes, den die Natur auf mich als sinnliches