Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

148 
Wesen seinen Geist abziehe, selbst da liegt der Existenz Gottes die Wahr—⸗ 
heit der sinnlichen Existenz, die Wahrheit der Natur zu Grunde. Gott 
soll nicht nur im Denken, im Geiste, sondern auch außer dem Geiste, huft 
unabhaängig von unserem Denken existiren, ein von unserem Geiste, un— 
seren Gedanken und Vorstellungen von ihm unterschiedenes Wesen sein. 
Darauf, daß er ein von uns unabhängig, außer uns existirendes, gegen— 
ständliches Wesen sei, wird aller Nachdruck gelegt. Aber wird denn 
nicht dadurch selbst in Gott, wo angeblich von allem Sinnlichen abge⸗ 
sehen werden soll, die Wahrheit des sinnlichen Seins eingestanden? 
nicht anerkannt, daß es außer sinnlichem Sein kein Sein giebt? Haben 
wir denn ein anderes Merkmal, ein anderes Kriterium einer Existenz s 
außer uns, einer vom Denken unabhängigen Existenz, als die Sinnlich⸗ u 
keit? Ist eine Existenz ohne Sinnlichkeit nicht der bloße Gedanke, das f 
Gespenst von einer Eristenz? Die Existenz Gottes oder wie sie Gott tin 
zugeschrieben wird, unterscheidet sich nur so von der Existenz der sinn⸗ E 
lichen Wesen außer uns, wie das Wesen Gottes sich von den sinnlichen lihl 
Wesen nach der eben gegebenen Erklärung unterscheidet. Die Existenz, vn 
wie sie von Gott ausgesagt wird, ist die Existenz im Allgemeinen, der ot 
Gattungsbegriff der Existenz, die von allen besonderen und individuellen mate 
Beschaffenheiten oder Bestimmungen abgesonderte Existenz. Diese Existenz on 
ist nun allerdings eine geistige, eine abstracte, wie jeder Allgemeinbegriff Quij 
etwas Abstractes, etwas Geistiges ist; aber gleichwohl ist sie doch nichts kov 
Andres, als die sinnliche Existenz nur gedacht im Allgemei— L 
nen. Hierin haben wir die Lösung von den Schwierigkeiten, die die d 
Existenz den Philosophen und Theologen gemacht, wie die sogenannten un 
Beweise vom Dasein Gottes zeigen, die Lösung von den Widersprüchen, 
die sich in den Erklärungen und Vorstellungen über die Existenz Gottes 
finden; hieraus begreifen wir, warum man Gott eine geistige Existenz 
zuschreibt, aber gleichwohl wieder zugleich diese geistige Existenz als eine * 
sinnliche, selbst örtliche, als eine Existenz im Himmel vorstellt; kurz, der 
Widerspruch, der Streit zwischen Geist und Sinnlichkeit in der Vor— w
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.