begriff der Gattungsbegriffe Ich habe diese Frage so eben zwar schon
an den Begriffen von Raum und Zeit erläͤutert; aber sie muß noch
weiter behandelt werden. Ich bemerke aber, daß diese Frage zu den
wichtigsten und zugleich schwierigsten Fragen der menschlichen Erkenntniß
und Philosophie gehört, wie schon daraus erhellt, daß die ganze Ge—
schichte der Philosophie sich eigentlich nur um diese Frage dreht, daß der
Streit der Stoiker und Epikuräer, der Platoniker und Aristoteliker, der
Skeptiker und Dogmatiker in der alten Philosophie, der Nominalisten
und Realisten in dem Mittelalter, der Idealisten und Realisten oder
Empiristen in neuerer Zeit nur auf diese Frage hinausläuft. Sie ist
aber eine der schwierigsten Fragen nicht nur deswegen, weil die Philo—
sophen, namentlich die neuesten, durch den willkürlichsten Gebrauch der
Worte eine unendliche Confusion in diese Materie gebracht haben, son—
dern auch, weil die Natur der Sprache, die Natur des Denkens selbst,
welches sich ja gar nicht von der Sprache abtrennen laͤßt, uns gefangen
nimmt und vexirt, indem jedes Wort ein allgemeines, daher Vielen
schon die Sprache allein weil sich das Einzelne nicht einmal ausspre—
chen lasse, ein Beweis von der Nichtigkeit des Einzelnen und Sinnlichen ist.
hi Es hat endlich auf diese Frage und ihre Entscheidung einen wesentlichen
nod Einfluß die Verschiedenheit der Menschen hinsichtlich ihres Geistes, ihrer
ee Beschäftigung, ihrer Anlagen, ihres Temperamentes selbst. Menschen,
l z. B. die sich mehr im Leben, als in der Studirstube, mehr in der Natur,
als in Bibliotheken herumtreiben, Menschen deren Beruf und Trieb sie
an die Beobachtung, die Anschauung der wirklichen Wesen treibt, wer—
den diese Frage stets im Sinne der Nominalisten entscheiden, welche
len Wien dem Allgemeinen nur eine subjective Existenz, eine Existenz in der
Sprache, der Vorstellung des Menschen einräumen, Menschen von ent—
na m gegengesetzten Beschäftigungen und Eigenschaften dagegen im entgegen—
hnn— gesetzten Sinne, im Sinne der Realisten, welche dem Allgemeinen eine
cn um Existenz für sich selbst, eine Existenz unabhängig vom Denken und
het nichl Sprechen des Menschen einräumen.
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