Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

nichts Andres, als eine Willensvorstellung, eine Vorstellung, die nicht 
Vorstellung oder Gedanke bleiben sohl, und die ich daher vermittelst der 
Handwerkszeuge meines Körpers realisire, d. h. verwirkliche. Kurz der 
Mensch bringt, wenn auch nicht aus, doch mit seinem Geiste, wenn 
auch nicht aus, doch mit und nach Gedanken Werke hervor, die eben 
deswegen schon äußerlich den Stempel der Absichtlichkeit, Plan- und 
Zweckmäßigkeit an sich tragen. Der Mensch denkt aber Alles nach sich; 
er trägt daher die Anschauung von seinen eigenen Werken auf die Werke 
oder Wirkungen der Natur über; er betrachtet die Welt wie ein Wohn⸗ 
haus, eine Werkstatt, eine Uhr, kurz wie ein menschliches Kunstprodukt. 
Da er die Naturprodukte nicht von den Kunstprodukten unterscheidet, 
höchstens nur der Art nach, so setzt er auch als Ursache derselben ein 
menschliches, absichtliches, denkendes Wesen. Weil aber die Pro— 
dukte und Wirkungen der Natur zugleich über die Kräfte des Menschen 
gehen, ja sie unendlich übersteigen, so denkt er sich diese dem Wesen nach 
menschliche Ursache zugleich als ein übermenschliches We⸗ m 
sen, als ein Wesen, das dieselben Eigenschaften, wie die Menschen, hat: in 
Verstand, Wille, Kraft, seine Gedanken auszuführen, aber in einem un— a⸗ 
endlich höheren, das Maaß der menschlichen Kräfte und Fähigkeiten 
unendlich übersteigenden Grade; und nennt nun dieses Wesen Gott. ich 
Der Beweis vom Dasein Gottes, der sich auf diese Betrachtungs- oder in 
Anschauungsweise der Natur stützt, heißt der physikotheologische oder 
teleologische, d. h. der aus der Zweckmäßigkeit der Natur geschöpfte 
Beweis; denn dieser Beweis beruft sich hauptsaächlich auf die sogenann⸗ 
ten Zwecke in der Natur. Zwecke setzen aber Verstand, Absicht, Be⸗ 
wußtsein voraus; da aber, so heißt es in diesem Beweise, die Natur, 
die Welt, die Materie blind sei, ohne Verstand, ohne Bewußtsein wirke, 
so setze sie ein geistiges Wesen voraus, welches sie geschaffen, oder doch 
und zwar nach und zu Zwecken gebildet und geformt habe Dieser 
Beweis ist schon von den alten gläubigen Philosophen, den Platonikern 
und Stoikern angewandt, in den christlichen Zeiten aber bis zum Ueber⸗ 
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