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scheiden von Anderen, so ist es ganz eins, ob ich bin oder nicht bin; die
Anderen ersetzen mich; kurz, ich bin, weil ich unterschieden bin, und bin
unterschieden, weil ich bin. Schon in der Undurchdringlichkeit, darin,
daß denselben Platz, den ich einnehme, ein Anderer nicht einnehmen
kann, daß ich diesen von meinem Platz ausschließe, ist meine Selbststän—
digkeit, meine Unterschiedenheit von dem Anderen enthalten. Kurz jeder
Mensch hat ein eignes Gesicht, weil er ein eigenes Leben hat, ein eigenes
Wesen ist. Wie es aber mit diesem Falle ist, ist es mit unzählig ande—
ren Fällen, welche sich der Mensch teleologisch erklärt, nur daß die Ober—
flächlichkeit, Unwissenheit und Lächerlichkeit der Teleologie in anderen
Fällen nicht so handgreiflich, augenscheinlich ist, wie in diesem Bei⸗
spiel, dem übrigens noch viele andere an die Seite gesetzt werden
koͤnnten.
Ich habe so eben gesagt, daß ich die Erscheinungen der Natur, die
der Theist teleologisch erklärt, keineswegs durch das Gesagte erklärt
wissen will. Ich gehe weiter und behaupte, daß, wenn sich auch viele
Erscheinungen der Natur nur teleologisch erklären ließen, sich doch dar—
aus noch lange nicht die Consequenzen der Theologie ergeben würden.
Ich gebe also den Teleologen zu, daß das Auge sich nur erklären lasse
aus einem Wesen, welches bei der Bildung oder Schöpfung des Auges
den Zweck des Sehens verfolgte, daß also das Auge nicht deßwegen sieht,
weil es so organisirt ist, wie es ist, sondern daß es so organisirt wurde,
damit es sähe. Ich gebe also dieses den Teleologen zu, läugne aber, daß
daraus ein Wesen folgt, auf welches der Name, Gott paßt, läugne,
daß wir damit über die Natur hinaus kommen. Die Zwecke und Mit—
tel in der Natur sind immer nur natürliche, wie sollten sie also auf ein
über-⸗ und außernatürliches Wesen uns verweisen? Ihr könnt euch die
Welt nicht erkläͤren, ohne ein persönliches, geistiges Wesen als ihren
Urheber anzunehmen, aber ich bitte euch doch, mir gefälligst zu erklären,
wie aus einem Gott eine Welt entstehen, wie ein Geist, wie ein Ge—
danke — die Wirkungen eines Geistes sind ja zunächst nur Gedanken
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