Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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und Spinoza, beide dadurch unterschieden von den genannten Philo— 
sophen, daß sie uns nicht nur den Widerspruch des Glaubens und der 
Vernunft darstellen, sondern beide ein selbstständiges reli— 
gionsphilosophisches Prinzip aufstellen. Der erste, Jacob 
Böhm, ist der Abgott der philosophirenden Theologen oder Theisten, 
der andere, Spinoza, der Abgott der theologischen Philosophen oder 
Pantheisten. Den Ersteren haben seine Verehrer in neuester Zeit als 
das probateste Heilmittel gegen das Gift meiner Lehre, die eben der In— 
halt dieser meiner Vorlesungen sein wird, angepriesen. Ich habe aber 
Jacob Böhm erst neuerdings wieder bei meiner zweiten Auflage zum 
Object des gründlichsten Studiums gemacht. Mein abermaliges Stu— 
dium hat mich jedoch zu keinem anderen Resultate geführt, als dem 
schon früher ausgesprochenen, nämlich daß das Geheimniß seiner Theo— 
sophie einerseits eine mystische Naturphilosophie, andererseits eine 
m ystische Psychologie ist; daß also in ihm geschweige eine Wider— 
legung, vielmehr eine Bestätigung meiner Anschauung, wornach sich 
die gesammte Theologie in Natur- und Menschenlehre zerlegt, zu finden 
ist. Den Schluß in meinem ersten Bande bildet Spinoza. Er ist der 
Einzige unter den neuern Philosophen, der die ersten Elemente zu emer 
Kritik und Erkenntniß der Religion und Theologie gegeben hat; der 
Erste, der in positiven Gegensatz mit der Theologie trat; der Erste, der 
es auf eine classische Weise ausgesprochen, daß die Welt nicht als eine 
Wirkung oder ein Werk eines persoͤnlichen nach Absichten und Zwecken 
wirkenden Wesens angesehen werden könne; der Erste, der die Natur 
in ihrer universellen, religionsphilosophischen Bedeutung geltend machte. 
Ihm habe ich daher meine Bewunderung und Verehrung mit Freuden 
dargebracht; nur habe ich das an ihm getadelt, daß er das nicht nach 
Zwecken, nicht mit Willen und Bewußtsein wirkende Wesen, noch be— 
huspnrn fangen in den alten theologischen Vorstellungen, als das vollkommenste, 
hu br⸗ als das göttliche Wesen bestimmte und daher sich den Weg zu einer 
zihn Entwicklung abschnitt, das bewußte, menschliche Wesen nur als einen 
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