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geschieht und ist. Jede eigenmächtige Veränderung der bestehenden Ord—
nung der Dinge ist eine frevelhafte Revolution. Wie in einem absolut
monarchischen Staate die Regierung nichts dem Volke zu thun überläßt,
alle politische Thätigkeit sich aneignet, so läßt auch in der Religion Gott
nichts dem Menschen übrig, so lange Gott noch ein absolutes, uneinge—
schränktes Wesen ist. „Darum, sagt Luther in seiner Auslegung des
Predigers Salomonis, ist dies die beste und hoͤchste Weisheit, alles
Gott heimstellen und befehlen. ... Gott lassen walten und
regieren und alles, was unrecht geschiehet oder denen Frommen wehe
thut, dem befehlen, welcher endlich Alles genau und recht richten
wird.... Derohalben willst du gern Freude, Friede und gute Tage
haben, so warte bis daß sie dir Gott giebt“. Aber wie gesagt, die Chri—
sten haben zu ihrem und unserem Heil in Gemäßheit des Geistes und
Charakters des Abendlandes, insbesondere des Germanenthums gegen
die Consequenzen ihrer aus dem Morgenlande stammenden religiösen
Glaubenslehren und Vorstellungen die menschliche Selbstthätig—
keit geltend gemacht, freilich aber auch dadurch ihre Religion, ihre
Theologie, die sie gleichwohl bis auf diesen Tag wenigstens noch theo—
retisch festhielten, zu einem Gewebe der albernsten Widersprüche, Halb—
heiten und Sophismen, zu einem unausstehlichen, charakterlosen Misch—
masch von Glauben und Unglauben, Theismus und Atheismus gemacht.
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