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Theil, nur als einen Modus, wie sich Spinoza in seiner Sprache aus—
drückt, statt als den Gipfel der Vollendung des bewußtlosen Wesens
erfaßte.
Der Antipode Spinoza's ist Leibnitz, dem ich einen besonderen
Band gewidmet habe. Wenn Spinoza die Ehre gebührt, die Theologie
zur Magd der Philosophie gemacht zu haben, so gebührt dagegen dem
ersten deutschen Philosophen der neueren Zeit, nämlich Leibnitz, die Ehre
oder Unehre, die Philosophie wieder unter den Pantoffel der Theologie
gebracht zu haben. Dieses that besonders Leibnitz in seinem beruͤhmten l
Werk: die Theodicee. Leibnitz schrieb bekanntlich dieses Buch aus Ga—
lanterie gegen eine in ihrem Glauben durch Bayle's Zweifel beunruhigte
preußische Königin. Aber die eigentliche Dame, für die es Leibnitz
schrieb, der er den Hof machte, ist die Theologie. Aber gleichwohl
machte er es den Theologen nicht recht. Leibnitz hielt es überall mit
beiden Parteien und eben dadurch befriedigte er keine. Er wollte Nie—
mand beleidigen, Niemand verletzen; seine Philosophie ist eine Philo—
sophie diplomatischer Galanterie. Selbst die Monaden, d. h. die Wesen,
aus welchen nach ihm alle in die Sinne fallenden Wesen bestehen, üben
keinen physis Nen Einfluß auf einander aus, damit ja keiner Etwas zu
Leid geschehe. Aber wer nicht, wenn auch unabsichtlich, beleidigen und
verletzen will, dem fehlt alle Energie, alle Thatkraft; denn man kann
keinen Fuß bewegen, ohne Wesen zu zertreten, keinen Tropfen Wasser
genießen, ohne Infusorien zu verschlucken. Leibnitz ist ein Mittelsmann
zwischen der mittelalterlichen und neueren Zeit, er ist, wie ich ihn
nannte, der philosophische Tycho de Brahe, aber eben wegen dieser seiner
Unentschiedenheit noch heute der Abgott aller unentschiedenen, energie—
losen Köpfe. Schon in der ersten, 1837 erschienenen Ausgabe machte
ich daher den theologischen Standpunkt Leibnitz's, und zugleich auf seine
Veranlassung die Theologie überhaupt zu einem Objecte der Kritik.
Der Standpunkt, von dem aus ich diese Kritik fällte, war übrigens
eigentlich der spinozistische oder abstract philosophische, nämlich der, daß
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