Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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Gottes Willen und Macht hat, so negire, so verläugne ich durch meine 
practische Thätigkeit meine religiöse Theorie und Glaubensvorstellung, 
daß Alles, was Gott thut, wohlgethan, Alles, was Gott macht, weise, 
untadelhaft, unverbesserlich ist, denn Gott hat ja nicht Alles über Bausch 
und Bogen, so nur im Allgemeinen gemacht, sondern alles Einzelne. 
Wie kann ich also eine gewaltsame Veränderung machen, wie die gött— 
lichen Absichten meinen menschlichen Absichten unterwerfen, wie der 
Macht Gottes, die sich in der Macht dieses reißenden Stromes, in der 
Größe dieses Berges offenbart, die menschliche Macht entgegensetzen? 
Ich kann es nicht, wenn ich meinen Glauben durch die That bestätigen 
will. Als die Knider, erzählt Herodot, eine kleine Strecke Landes 
durchgraben wollten, um aus ihrem Lande eine vollkommene Insel zu 
machen, wehrte es ihnen die Pythia mit diesen Versen: 
„Befestigt nicht den Isthmus und durchgrabt ihn nicht, 
Die Insel hätte Zeus gemacht, wenn er's gew ollt.“ 
Und als Rom der Vorschlag gemacht wurde, die Zuflüsse der Tiber ab— 
zugraben, um ihre Ueberschwemmungen zu verhindern, da sträubten sich, 
wie Tacitus in seinen Annalen erzählt, die Reatiner dagegen mit den 
Worten, die Natur, was hier offenbar so viel ist als Gott, habe aufs 
Beste für die menschlichen Interessen gesorgt, indem sie den Flüssen ihre 
Mündungen, ihren Lauf, ihren Ursprung wie ihr Ende gegeben habe. 
Alle Culturmittel, alle Erfindungen, welche der Mensch gemacht, um 
sich gegen die Brutalitäten der Natur zu schützen, wie z. B. die Blitz- 
ableiter, hat daher der consequente, religiöse Glaube als Eingriffe in 
das göttliche Regiment verdammt, selbst noch, — wer sollte es den⸗ 
ken? — in unserer Zeit. Als der Schwefeläther als ein schmerzstillen⸗ 
des Mittel entdeckt und angewandt ward, so protestirten, wie mir von 
einem vollkommen glaubwürdigen Mann erzählt wurde, die Theologen 
einer protestantischen Universität, der Universität Erlangen dagegen, 
n du namentlich gegen die Anwendung desselben bei schweren Entbindungen,
	        
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