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derselben uns zu veranschaulichen und begreiflich zu machen, nicht vom
Menschen, vom Künstler, vom Handwerker, vom Denker, der die Welt
aus seinen Gedanken aufbaut, sondern von der Natur ausgehen müssen,
wie die alten Völker, welche ihrem richtigen Naturinstinct zufolge in
ihrer religiösen und philosophischen Weltentstehungslehre wenigstens
einen Naturproceß, den Zeugungsproceß zum Urbild und Schöpfungs—
princip der Welt machten, daß, wie die Pflanzen vom Keime, das Thier
vom Thiere, der Mensch vom Menschen, so Alles in der Natur von
einem ihm gleichen, stoff- oder wesensverwandten, natürlichen We—
sen entsprungen sei, kurz, daß die Natur nicht aus einem Geiste abge—
leitet, nicht aus einem Gotte erklärt werden könne, weil alle Eigen—
schaften Gottes, so weit diese keine offenbar menschlichen sind, selbst nur
von der Natur abgezogen und abgeleitet sind. Aber so einleuchtend es
an und für sich ist, daß das sinnliche, körperliche Wesen der Natur nicht
von einem geistigen, d. i. abstracten Wesen abgeleitet werden kann, so
ist doch Etwas in uns, was uns diese Ableitung glaublich macht, ja
natürlich, selbst nothwendig erscheinen läßt, Etwas, was sich dagegen u
sträubt, das natürliche, sinnliche, körperliche Wesen als erstes, uran—
fängliches, unübersteigliches Wesen zu denken, Etwas, woraus auch 8
der Glaube, die Vorstellung entsprungen, daß die Welt, die Natur ein
Product des Geistes, daß sie sogar aus Nichts entstanden sei. Ich habe
aber diesen Einwand schon beseitigt und erklärt, indem ich zeigte, daß
der Mensch von dem Sinnlichen das Allgemeine abzieht und dieses nun
dem Sinnlichen als Grund voraussetzt. Es ist daher das Abstraclions—
vermögen des Menschen, und die mit demselben verbundene Einbildungs—
kraft (denn nur durch die Einbildungskraft verselbstständigt der Mensch die
abstracten, allgemeinen Begriffe, denkt sie als Wesen, als Ideen), welche
ihn bestimmen, über das Sinnliche hinauszugehen, und die körperliche,
sinnliche Welt von einem unsinnlichen, abstracten Wesen abzuleiten.
Aber es ist thöricht, diese subjective, menschliche Nothwendigkeit zu einer
objectiven zu machen, deswegen, weil der Mensch, wenn er sich einmal
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