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Andres ist, als das eigene Wesen des Menschen, gleichwie ich im ersten
Theil zu zeigen hatte, daß der vom Menschen unterschiedene Gott nichts
Andres, als die Natur oder das Wesen der Natur. Oder, im ersten
Theil hatte ich zu beweisen, daß das Wesen der Naturreligion die Natur,
daß sich in der Natur und Naturreligion nichts Andres offenbart und
darstellt, als die Natur; jetzt habe ich zu beweisen, daß sich in der Gei—
stesreligion nichts Andres ausspricht und offenbart, als das Wesen des
menschlichen Geistes. Ich habe schon in den ersten Stunden erklärt,
daß ich in diesen Vorlesungen von den untergeordneten Unterschieden der
Religion absehe, daß ich die Religion nur auf zwei große Unterschiede
oder Gegensäͤtze reducire, auf Naturreligion und Menschen- oder Geistes—
religion, auf Heidenthum und Christenthum. Ich komme daher jetzt
vom Wesen der Naturreligion oder des Heidenthums zum Wesen des
Christenthums. Ehe ich aber an dieses selbst komme, müssen die Ueber⸗
gangsstufen, die Gründe, welche den Menschen von der Natur abziehen,
den Menschen auf sich zurückführen, den Menschen bestimmen sein Heil
nicht außer sich, sondern in sich zu suchen, wenigstens in Kurzem ange—
geben, dabei aber Momente entwickelt werden, welche eben so die Gei⸗
stes- als Naturreligion, also überhaupt die Religion angehen, und von
der größten Wichtigkeit sind, um das Wesen der Religion zu begreifen,
aber dem successiven Gang gemäß, dem der Mensch im Sprechen und
Denken unterworfen ist, erst jetzt wenigstens vollstaͤndig zur Sprache
kommen können. Der Uebergang von der Naturreligion zum eigent—
lichen Theismus oder Monotheismus erstreckt sich im „Wesen der Reli⸗
gion“ von 8. 26 41.
Die Natur ist der erste Gegenstand der Religion, aber die Natur
ist da, wo sie religiös verehrt wird, dem Menschen nicht Gegenstand als
Natur, wie sie es uns ist, sondern als ein menschenähnliches oder viel—
mehr menschliches Wesen. Der Mensch betet die Sonne auf dem Stand—
punkt der Naturreligion an, weil er fieht, wie Alles von ihr abhaͤngt,
wie kein Gewachs, kein Thier, kein Mensch ohne sie bestehen kann, aber