Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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unOttn. Wort, wie es ein Ausdruck, ein Bild des Aeußeren, sondern des In— 
neren ist. 
Da nun also der christliche Gott sich nicht in Bildern von Stein 
oder Holz, auch nicht unmittelbar in der Natur, sondern nur im Worte 
offenbart und ausspricht, folglich nichts Körperliches, Sinnliches, son— 
dern Geistiges ist, das Wort aber auch ein Bild ist; so folgt, daß auch 
der christliche, selbst der rationalistische Gott ein Bild der Einbildungs— 
kraft, folglich, wenn Bilderdienst Götzendienst, auch der geistige Got— 
tesdienst der Christen Götzendienst ist. Das Christenthum warf dem 
Heidenthum Götzendienst vor; der Protestantismus warf dem Katholi— 
cismus, dem alten Christenthum, Götzendienst vor, und der Rationalis— 
mus wirft jetzt dem Protestantismus, wenigstens dem alten orthodoxen, 
Götzendienst vor, weil er einen Menschen als Gott, ein Bild Gottes 
also — denn der Mensch ist ja ein solches — statt des eigentlichen Ori— 
ginals, statt des eigentlichen Wesens verehrt habe. Ich aber gehe noch 
weiter und sage: auch der Rationalismus, ja jede Religion, jede Reli— 
gionsweise, die einen Gott, d. h. ein nicht wirkliches, ein von der wirk— 
lichen Natur, dem wirklichen Menschenwesen abgezogenes und unter— 
schiedenes Wesen an die Spitze stellt, zum Gegenstand ihrer Verehrung 
macht, ist Bilderdienst und folglich Götzendienst, wenn überhaupt, wie 
n gesagt, Bilderdienst Götzendienst ist. Denn nicht Gott schuf den Men— 
an schen nach seinem Bilde, wie es in der Bibel heißt, sondern der Mensch 
schuf, wie ich im Wesen des Christenthums zeigte, Gott nach seinem 
Bilde. Und auch der Rationalist, der sogenannte Denk- oder Ver⸗ 
nunftgläubige, schafft den Gott, den er verehrt, nach seinem Bilde; das 
lebendige Urbild, das Original des rationalistischen Gottes ist der ra— 
tionalistische Mensch. Jeder Gott ist ein Wesen der Einbildung, ein 
aut Bild, und zwar ein Bild des Menschen, aber ein Bild, das der 
un Mensch außer sich setzt und als ein selbstständiges Wesen vorstellt (19). 
So wenig nämlich der Mensch sich Götter erdichtet, um zu dichten, so 
vß wenig seine Dichtung, seine religiöse Poesie oder Phantasie eine un— 
iet un Feuerbach's sämmtliche Werke. VIII. 
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