Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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dem Unterschied der Rationalisten und der Orthodoxen, den wir später 
noch bekommen. Eine Zwischenbemerkung muß ich aber erst noch ma— 
chen. Ich habe, wo ich Heidenthum und Christenthum, Glauben an 
viele Götter und Glauben an Einen Gott einander gegenüberstellte, 
nicht unterschieden zwischen dem Gegenstand der heidnischen Religion, 
wie er ein Naturgegenstand und wie er ein Kunstgegenstand ist; ich habe 
gleich bedeutend gesagt: Der Gott des Heidenthums ist diese Natur, 
dieses Bild, dieser Baum. Hierüber also dieses. Ich habe gesagt: die 
Einbildungskraft macht die Naturkörper, Sonne, Mond und Sterne, 
Pflanzen, Thiere, Feuer, Wasser, zu menschlichen, persönlichen Wesen, 
aber je nach den verschiedenen Wirkungen und Eindrücken, die ein Na— 
turgegenstand macht, vermenschlicht, personificirt sie auch dieselben ver— 
schiedenartig. Der Himmel z. B. befruchtet die Erde durch den Regen, 
erleuchtet sie durch die Sonne, belebt sie durch die Wärme derselben. 
Der Mensch stellte sich daher in seiner Einbildung die Erde als empfan— 
gendes, weibliches, den Himmel als befruchtendes, männliches Wesen 
vor. Die religiöse Kunst hat nun keine andere Aufgabe, als die Natur— 
gegenstände, oder die Ursachen der Naturerscheinungen und Naturwir— 
kungen, wie sie sich der Mensch einbildet, in seiner religiösen Einbil— 
dungskraft vorstellt, sinnlich, anschaulich darzustellen, keine andere Auf— 
gabe, als die religiösen Einbildungen zu verwirklichen. Was der Mensch 
glaubt, innerlich sich vorstellt, innerlich für wirklich hält, will er auch 
sehen außer sich als etwas Wirkliches. Durch die Kunst, Nota bene 
die religiöse Kunst, will der Mensch dem Existenz geben, was keine 
Existenz hat; die religiöse Kunst ist ein Selbstbetrug, eine Selbsttäu— 
schung des Menschen; er will sich durch ste versichern, daß das ist, was 
—u nicht ist, gleichwie die gottesgläubigen Philosophen uns durch hre er⸗ 
7 künstelten Beweise vom Dasein eines Gottes weis machen wollen, daß 
chol wirklich ein Gott ist, daß wirklich außer uns existirt, was nur in unserm 
An⸗ Kopfe ist. Was ist also das, dem die Kunst Existenz geben will? Ist 
ln vn es die Sonne, ist es die Erde, ist es der Himmel, die Luft, als die Ur—
	        
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