Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

14 
Glauben und Vernunft in Bayle. Bayle lebte nämlich in jener Zeit, 
wo der Glaube noch eine solche Autorität war, daß der Mensch selbst 
das, was er seiner Vernunft nach fuͤr falsch und absurd erkannte, doch 
noch glauben zu können sich einbildete oder zu glauben zwang. Das 
achte Kapitel handelt von Bayle's Bedeutung und Verdienst als Pole— 
miker gegen die religiösen Vorurtheile seiner Zeit; das neunte Kapitel 
endlich von Bayle's Charakter und Bedeutung für die Geschichte der 
Philosophie. 
Mit Bayle schließen sich meine historischen Arbeiten. Die spätern, 
die neuesten Philosophen habe ich nur als Kritiker, nicht als Historiker 
zum Gegenstande meiner Schriften gemacht. Indem wir an die neueste 
Philosophie treten, begegnet uns sogleich ein gewaltiger Unterschied 
zwischen den früheren und spätern Philosophen. Während nämlich die 
früheren Philosophen Philosophie und Religion ganz von einander 
trennten, ja geradezu einander entgegensetzten, indem die Religion auf 
göttlicher Weisheit und Auctorilät, die Philosophie nur auf menschlicher 
beruhe, oder indem, wie Spinoza sich ausdrückt, die Religion nur den 
Nutzen, die Wohlfahrt des Menschen, die Philosophie aber die Wahrheit 
bezwecke, so kommen dagegen die neuesten Philosophen mit der Iden— 
tität der Philosophie und Religion, wenigstens ihrem Inhalte, ihrem 
Wesen nach. Diese Identität war es nun, gegen welche ich auftrat. 
Schon im Jahre 1830, wo meine Gedanken über Tod und Unsterblich— 
keit erschienen, rief ich daher einem Dogmatiker aus der Hegel'schen 
Schule, welcher behauptete, daß nur ein formeller Unterschied zwischen 
Religion und Philosophie sei, daß die Philosophie nur in den Begriff 
erhebe, was die Religion in der Form der Vorstellung habe, die Verse zu: 
„Wesen ist selber die Form;“ drum tilgst du den Inhalt des Glaubens, 
Wenn du die Vorstellung tilgst, seine geeignete Form. 
Ich machte daher der Hegel'schen Philosophie den Vorwurf, daß sie das 
Wesentliche der Religion zum Unwesentlichen, und umgekehrt das Un—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.