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Glauben und Vernunft in Bayle. Bayle lebte nämlich in jener Zeit,
wo der Glaube noch eine solche Autorität war, daß der Mensch selbst
das, was er seiner Vernunft nach fuͤr falsch und absurd erkannte, doch
noch glauben zu können sich einbildete oder zu glauben zwang. Das
achte Kapitel handelt von Bayle's Bedeutung und Verdienst als Pole—
miker gegen die religiösen Vorurtheile seiner Zeit; das neunte Kapitel
endlich von Bayle's Charakter und Bedeutung für die Geschichte der
Philosophie.
Mit Bayle schließen sich meine historischen Arbeiten. Die spätern,
die neuesten Philosophen habe ich nur als Kritiker, nicht als Historiker
zum Gegenstande meiner Schriften gemacht. Indem wir an die neueste
Philosophie treten, begegnet uns sogleich ein gewaltiger Unterschied
zwischen den früheren und spätern Philosophen. Während nämlich die
früheren Philosophen Philosophie und Religion ganz von einander
trennten, ja geradezu einander entgegensetzten, indem die Religion auf
göttlicher Weisheit und Auctorilät, die Philosophie nur auf menschlicher
beruhe, oder indem, wie Spinoza sich ausdrückt, die Religion nur den
Nutzen, die Wohlfahrt des Menschen, die Philosophie aber die Wahrheit
bezwecke, so kommen dagegen die neuesten Philosophen mit der Iden—
tität der Philosophie und Religion, wenigstens ihrem Inhalte, ihrem
Wesen nach. Diese Identität war es nun, gegen welche ich auftrat.
Schon im Jahre 1830, wo meine Gedanken über Tod und Unsterblich—
keit erschienen, rief ich daher einem Dogmatiker aus der Hegel'schen
Schule, welcher behauptete, daß nur ein formeller Unterschied zwischen
Religion und Philosophie sei, daß die Philosophie nur in den Begriff
erhebe, was die Religion in der Form der Vorstellung habe, die Verse zu:
„Wesen ist selber die Form;“ drum tilgst du den Inhalt des Glaubens,
Wenn du die Vorstellung tilgst, seine geeignete Form.
Ich machte daher der Hegel'schen Philosophie den Vorwurf, daß sie das
Wesentliche der Religion zum Unwesentlichen, und umgekehrt das Un—