Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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9 wesentliche zum Wesentlichen mache. Das Wesen der Religion sei ge⸗— 
rade eben das, was die Philosophie zur bloßen Form mache. 
Eine Schrift, die hier in dieser Beziehung besonders zu nennen, ist 
eine kleine, im Jahre 1839 erschienene Broschüre: „Ueber Philosophie 
und Christenthum.“ Ungeachtet aller Vermittelungsversuche, sagte ich 
hier, sei die Differenz zwischen Religion und Philosophie eine unaus— 
tilgbare, denn diese sei eine Sache des Denkens, der Vernunft, jene aber 
eine Sache des Gemüths und der Phantasie. Die Religion enthalte 
aber nicht nur, wie Hegel behaupte, gemüthliche Phantasiebilder specu⸗— 
lativer Gedanken, sondern vielmehr ein vom Denken unterschiedenes 
Element und dieses sei nicht die bloße Form, sondern das Wesen der— 
selben. Dieses Element können wir mit einem Worte Sinnlichkeit 
nennen, denn auch das Gemüth und die Phantasie wurzeln ja in der 
Sinnlichkeit. Diejenigen, die sich an dem Worte: Sinnlichkeit stoßen, 
weil der Sprachgebrauch nur die Begehrlichkeit darunter versteht, bitte 
ich zu bedenken, daß nicht nur der Bauch, sondern auch der Kopf ein 
sinnliches Wesen ist. Sinnlichkeit ist bei mir nichts Andres als die 
* wahre, nicht gedachte und gemachte, sondern existirende Einheit des Ma— 
n teriellen und Geistigen, ist daher bei mir eben so viel als wie Wirklich— 
u⸗ keit. Um diesen eben angegebenen Unterschied zwischen der Religion und 
n n Philosophie klar und deutlich zu machen, erinnere ich hier nur beispiels— 
u weise an eine Lehre, die diesen Unterschied ganz besonders zeigt. Die 
8 alten Philosophen lehrten, zum Theil wenigstens, die Unsterblichkeit, 
en aber nur die Unsterblichkeit des denkenden Theiles in uns, nur die Un— 
sterblichkeit des Geistes im Unterschiede von der Sinnlichkeit des Men— 
schen. Einige lehrten sogar ausdrücklich, daß selbst das Gedächtniß, die 
u Erinnerung erlösche und nur das reine Denken, eine freilich in der Wirk⸗— 
lichkeit gar nicht existirende Abstraction, nach dem Tode übrig bleibe. 
Diese Unsterblichkeit aber ist eben eine abstracte, abgezogene und darum 
edi nicht die religiöse. Das Christenthum verwarf daher diese philosophische 
dos Un⸗ Unsterblichkeit und setzte an deren Stelle die Fortdauer des ganzen, wirk—
	        
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