Jahrhunderts die Menschen, selbst auch der gelehrte Pöbel, in ihnen
willkürliche Zeichen, willkürliche Erscheinungen, die Gott zur Bes—
serung und Züchtigung der Menschen am Himmel hervorbringe. Der
Rationalismus dagegen hat die willkürliche, freie Ursache bis auf den
Anfang der Welt zurückgedrängt, außerdem erklärt er sich Alles natür—
lich, Alles ohne Gott, d. h. er ist zu faul, zu lüderlich, zu oberflächlich,
als daß er bis auf den Anfang, bis auf die Principien seiner natürlichen
Erklärungsweise und Anschauung zurückginge; er ist zu faul, um dar—
über nachzudenken, ob die Frage nach dem Anfange der Welt überhaupt
eine vernünftige oder kindische, nur in der Unwissenheit und Beschränkt—
heit des Menschen begründete Frage ist; er weiß sich diese Frage nicht
vernuͤnftig zu beantworten; er füllt daher die Leere in seinem Kopfe mit
der Einbildung einer „freien Ursache“ aus. Aber er ist so inconsequent,
sogleich wieder diese freie Ursache aufzugeben, die Freiheit mit der Noth⸗
wendigkeit der Natur abzubrechen; statt daß der alte Glaube die erste
Freiheit in einer ununterbrochenen Kette von Freiheiten, d. h. von will—
kuͤrlichen Handlungen, von Wundern fortsetzt. Nur die Bewußtlosig—
keit, die Charakterlosigkeit, die Halbheit kann den Gottesglauben mit der
Natur und Naturwissenschaft verbinden wollen. Glaube ich einen Gott,
eine „freie Ursache“, so muß ich auch glauben, daß der Wille Gottes
allein die Nothwendigkeit der Natur ist, daß das Wasser nicht durch seine
Natur, sondern durch den Willen Gottes naß macht, daß es daher jeden
Augenblick, so Gott will, brennen, die Natur des Feuers annehmen kann.
Ich glaube an Gott, heißt: ich glaube, daß keine Natur, keine Nothwendig—
keit ist. Entweder lasse man den Gottesglauben fahren, oder man lasse
die Physik, die Astronomie, die Physiologie fahren! Niemand kann zwei
Herren dienen. Und wenn man den Gottesglauben in Schutz nimmt,
so nehme man auch, wie gesagt, den Teufels⸗, Geister- und Hexenglau⸗
ben in Schutz. Dieser Glaube ist nicht nur wegen seiner gleichen All—
an gemeinheit, sondern auch wegen seiner gleichen Beschaffenheit und Ur—
heian sache unzertrennlich vom Gottesglauben. Gott ist der Geist der Natur,
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