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3 empfindet das Leben in glücklichen Momenten als ein Geschenk, das er
sich nicht erbeten, aber in unglücklichen als eine Last, die ihm wider sei—
nen Willen aufgebürdet worden ist; er fühlt die Qual der Bedürfnisse,
und doch befriedigt er sie, ohne zu wissen, ob er es aus eignem oder
fremdem Antrieb thut, ob er sich oder ein fremdes Wesen damit befrie—
digt. Der Mensch steht mit seinem Ich oder Bewußtsein an dem Rande
2R eines unergründlichen Abgrunds, der aber nichts Andres ist, als sein
eignes bewußtloses Wesen, das ihm wie ein fremdes Wesen vorkommt.
Das Gefühl, das den Menschen an diesem Abgrund ergreift, das in
die Worte der Be-⸗ und Verwunderung ausbricht: was bin Ich? woher?
Wemn der wozu? ist das religiöse Gefühl, das Gefühl, daß Ich Nichts bin ohne
mne ein Nichtich, welches zwar von mir unterschieden, aber doch mit mir
innigst verbunden, ein anderes und doch mein eigenes Wesen ist.
Aber was ist denn Ich, was Nichtich in mir? Der Hunger als solcher
oder die Ursache desselben ist Nichtich; aber das peinliche Empfindniß
oder Bewußtsein des Hungers, welches mich zugleich antreibt, alle meine
Bewegungswerkzeuge nach einem Gegenstande zur Stillung dieser Pein
auszustrecken, das ist Ich. Die Factoren des Ichs oder Menschen, des
eigentlichen Menschen, sind also Bewußtsein, Empfindung, willkürliche
Bewegung — willkürliche, denn unwillkürliche Bewegung gehört schon
ins Jenseits des Ich, ins Gebiet des göttlichen Nichtich — daher man
in Krankheiten, wie z. B. in der Epilcpsie, und in den Zuständen der
Exstase, der Verrücktheit, des Wahnsinns Offenbarungen Gottes oder gött⸗
liche Erscheinungen erblickt hat. Was wir eben an dem Beispiel des Hun—
gers zeigten, dasselbe gilt auch von höhern, geistigen Trieben. Ich empfinde
nur den Trieb zum Dichten z. B. und befriedige ihn durch willkürliche Thaäͤ—
tigkeit, aber der Trieb selbst in der Anlage zu dessen Befriedigung ist Nichtich;
obgleich, was aber nicht hierher gehört, Ich und Nichtich so mit einander
verwächst, daß eins für das andere gesetzt werden kann, indem das
Nichtich eben so wenig ohne Ich ist, als das Ich ohne Nichtich; ja diese
Einheit von Ich und Nichtich das Geheimniß, das Wesen der In di⸗
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