Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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aber sagen, wie die Religion, empfangen habe? nein! — hier komme 
ich schon mit der Religion in Collision — daß sie und zwar gleichzeitig 
mit mir sich aus dem Schoße der Natur entwickelt haben. Die Religion 
macht nämlich, was kein Productder menschlichen Willkür, 
zu einem Product der göttlichen Willkür, was kein Verdienst, 
kein Handwerk des Menschen, zu einem Verdienst, einem Geschenk, 
einem Handwerk Gottes. Die Religion kennt keine andere hervorbrin— 
gende Thätigkeit, als die willkürliche der menschlichen Hand, sie kennt 
überhaupt kein anderes Wesen, als das menschliche (das 
subjective); das menschliche Wesen ist ihr — und zwar vor allen Göt— 
tern — das absolute, das einzige Wesen, das ist; aber gleich— 
wohl stößt sie zu ihrer größten Ueberraschung selbst im Menschen auf ein 
Nichtich; sie macht daher das nichtmenschliche Wesen im Menschen selbst 
wieder zu einem menschlichen, das Nichtich selbst wieder zu einem Ich, 
das eben so gut Hände (überhaupt Werkzeuge oder Kräfte der willkür— 
lichen Thätigkeit) hat, wie der Mensch, nur mit dem Unterschiede, daß 
die göttlichen Hände machen, was die menschlichen nicht machen lön⸗ 
nen. Zweierlei haben wir also an der Religion zu bemerken. Das 
Eine ist die Demuth, womit der Mensch anerkennt, daß er Alles, was 
er ist und hat, nicht von sich, selbst sein eignes Leben und Wesen 
nur in Pacht, aber nicht in Besitz hat und daher jeden Augenblick von 
Haus und Hof getrieben werden kann — wer bürgt mir dafür, daß ich 
meinen Verstand verliere? — daß er also gar keinen Grund zu Eigen— 
dünkel, Hoch⸗ und Uebermuth hat. ) „Der Mann, sagt Sophokles im 
) Der Begriff des Ich, dessen überhaupt, was der Mensch sich zuschreibt, ist ein 
sehr unbestimmter und relativer, und in demselben Maaße, als er diesen Begriff erwei⸗ 
tert oder verengt, verengt oder erweitert sich auch der Begriff oder die Vorstellung der 
goͤttlichen Thätigkeit. Ja der Mensch kann — freilich oft aus bloßer religiöser Galan— 
E terie und Schmeichelei gegen die Götter — so weit gehen, daß er sich Alles ab⸗ 
aih spricht; denn daß ich empfinde, daß ich bewußt, daß ich Ich bin, das ist ja am Ende 
auch ein Resultat von Prämissen, die außer dem Ich liegen, ein Werk der Natur oder 
Gottes. In der That: je tiefer der Mensch in sich eingeht, desto mehr sieht er den 
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