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einen wohlthätigen Regen zu danken, so ist es auch ein Zeichen von Bildung
und Humanität, einen verderblichen Hagelschlag dem Teufel und seinen
Genossen als Schuld aufzubürden. Wo alles Gute von der gött—
lichen Güte herkommt, da kommt nothwendig auch alles Uebel
von der teuflischen Bosheit her. Eines läßt sich nicht vom An⸗
dern absondern. Nun ist es aber offenbar ein Zeichen der tiefsten Ro—
heit, wenn der Mensch die seinem Egoismus widersprechenden Natur—
wirkungen einen bösen Willen schuld giebt. Wir brauchen nicht, um
uns hiervon zu überzeugen, bis zum Xerxes uns zu versteigen, welcher
nach Herodot den Hellespont aus Aerger, daß das Wasser keine Bal—
ken hat, mit 300 Peitschenhieben bestrafte, oder auf die Insel Mada—
gascar uns zu versetzen, wo man die Kinder, welche während der
Schwangerschaft und Geburt ihren Müttern Beschwerden und Schmer⸗
zen bereitet haben, erdrosselt, weil sie offenbar sehr böse sein müßten;
wir sehen ja unter uns noch, wie unsere rohen und unwissenden Regie—
rungen alle ihnen unangenehme geschichtlichen Nothwendigkeiten und
Entwickelungen der Menschheit dem bösen Willen Einzelner aufbürden,
wie der ungebildete Mensch sein Vieh, seine Kinder, seine Kranken nur
deßwegen mißhandelt, weil er die Fehler oder Eigenthümlichkeiten der
Natur als Wirkungen absichtlicher Verstocktheit ansieht, wie überhaupt
der Pöbel mit Schadenfreude das, wofür der Mensch nichts kann, was
er von Natur an sich hat, dem Willen zuschreibt. Folglich ist es auch
ein Zeichen von Unbildung, von Roheit, von Egoismus, von Befan—
. genheit in sich, wenn der Mensch die entgegengesetzten, die wohlthätigen
ur Naturerzeugnisse einem guten oder göttlichen Willen zuschreibt. Unter—
IT scheidung: — Ich bin nicht Du, Du bist nicht Ich — ist die Grund—
— bedingung, das Grundprincip aller Bildung und Humanität. Wer
in hin⸗ aber die Naturwirkungen dem Willen zuschreibt, der unterscheidet nicht
Uebel zwischen sich und der Natur, zwischen seinem und ihrem Wesen, der ver—
grannte haͤlt sich daher zu ihr auch nicht so, wie er sich verhalten soll. Das
V wahre Verhalten zu einem Gegenstande ist das seinem Unterschied von