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wie der Mensch, aber was ist der Wille des Menschen gegen den Willen
Gottes! gegen den Willen, der die großen Naturwirkungen hervor—
bringt, der die Erde erbeben macht, der die Berge aufthürmt, der die
Sonne bewegt, der dem tobenden Meer gebietet: bis hieher und nicht
weiter! Was ist diesem Willen unmöglich? „Gott schafft, was er will“,
heißt es im Koran und im Psalm. Gott hat Sprache, wie der Mensch,
aber was ist das Wort des Menschen gegen das Wort Gottes! „Will
er, heißt es im Koran (nach Savary), daß Etwas sei? Er sagt: sei!
und es ist“. „Wenn er geben will die Existenz den Wesen, so sagt er:
seid! und sie sind“. Gott hat Verstand, wie der Mensch, aber was ist
das Wissen des Menschen gegen das Wissen Gottes! Es umfaßt Alles,
umfaßt das unendliche Weltall. „Er weiß, heißt es im Koran, was
auf der Erde und im Grunde des Meeres ist. Es fällt kein Blatt ohne
sein Wissen. Die Erde enthält kein Körnchen, das nicht in dem Buche
der Augenscheinlichkeit aufgezeichnet wäre“. Das göttliche Wesen ist
das menschliche Wesen, aber das menschliche Wesen, wie es in der
Phantasie das Weltall umfaßt, die Natur zu seinem Inhalt hat; dasselbe
Wesen und doch ein ganz anderes, so weit von uns entfernt, als die
Sonne vom Auge, der Himmel von der Erde, so unterschieden von uns,
als es die Natur ist, ein ganz anderes und doch dasselbe Wesen — daher
der ergreifende, mystische Eindruck dieses Wesens, daher die Erhabenheit
des Korans und der Psalmen. Der Unterschied zwischen dem muhameda—
nischen und jüdischen und zwischen dem christlichen Monotheismus besteht
nur darin, daß dort die religiöse Einbildungskraft oder Phantasie nach
Außen blickt, die Augen offen hat, sich an die sinnliche Naturanschauung
unmittelbar anschließt, während sie im Christenthum die Augen zudrückt,
das vermenschlichte Wesen der Natur gänzlich von dem Boden der sinnlichen
kraft, ist, wie sich von selbst versteht, eine unwillkürliche. Der Unwillkürlichkeit dieser
Verschmelzung verdankt auch „der Instinctder Religion oder Gottheit“
seinen Grund und Namen.