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6) Bei Herodot heißt es zwar nur, daß ein Bock sich mit einem
Weibe öffentlich vermischt habe, so daß es nach diesen Worten unent—
schieden ist, ob das Weib ein frei- oder unfreiwilliges Opfer thierischer
Geilheit war. Wenn man aber hinzunimmt, daß dieses in Mendes
geschah, wo man die Ziegen, besonders die Böcke verehrte, wo der Gott
Pan mit einem Ziegengesichte und Bocksfüßen abgebildet wurde und
selbst den Namen: Mendes, dai. Bock, hatte, wenn man ferner hinzu—
nimmt, daß diese Begattung des Bocks mit dem Weibe für eine glück—
liche Vorbedeutung galt — so übersetzen und erklären wenigstens Manche
das allerdings unbestimmte Herodotische ss enανν αννν —
so unterliegt es keinem Zweifel, daß das Weib lediglich aus religiösem
Enthusiasmus, d. i. Suprahumanismus und Supranaturalismus den
egoistischen und exclusiven Trieb des menschlichen Weibes, sich nur mit
einem menschlichen Manne zu begatten, überwunden, folglich aus dem—
selben Grunde, aus welchem der Christ dem göttlichen Unsinn des
Glaubens seine menschliche Vernunft aufgeopfert — credo quia
absurdum est — ihre menschliche Natur und Würde dem heiligen
Bocke zum Opfer gebracht habe.
D Uebrigens hat die christliche Kirche, wie bekannt, ihrem Glau—
ben oder, was eins ist, ihrem Gotte auch genug blutige Menschenopfer
gebracht. Und wenn der „christliche Staat“, folglich auch die christ—
liche peinliche Halsgerichtsordnung nur eine Creatur des christlichen
Glaubens ist, so bringen noch heute die Christen in jedem armen Sün—
P. der, den sie aufs Schaffot schleppen, ihrem Glauben oder, was, wie
L gesagt, eins ist, ihrem Gotte blutige Menschenopfer. Hat doch aus—
iit hnen drücklich, wenigstens den Zeitungen zufolge, der „christliche“ König
von Preußen nur aus religiösen Gründen die Abschaffung der Todes—
strafe verweigert!
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