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die den Menschen zum Menschen machen, die wir aber eben in Gedanken
vom Individuum unterscheiden und als Gattungsbegriffe verselbststän—
digen? Dasselbe, was das Messer, wovon man in der Abstraction
die Klinge weggelassen. — Allerdings geht die Idee oder Sache, der
ich lebe, nicht mit mir zu Grunde, allerdings hört nicht die Ver—
nunft auf, wenn ich zu denken aufhöre, aber nur weil andere Indivi—
duen diese Sache ergreifen, andere Individuen statt meiner denken. „Es
bleiben die Interessen, es wechseln die Individuen“, aber nur, weil die
Andern dasselbe Interesse haben, wie ich, eben so wie ich, gebildete,
freie, glückliche Menschen sein wollen.
16) Ueber meine in diesen Vorlesungen ausgesprochenen politischen
Ansichten nur diese kurze Bemerkung. Schon Aristoteles sagt in seiner
Politik, die fast alle Fragen der Gegenwart behandelt, aber, wie sich
von selbst versteht, im Geiste des Alterthums, daß man nicht nur die
beste Staatsverfassung kennen, sondern auch wissen müsse, für welche
Menschen sie passe, denn auch das Beste passe nicht für Alle. Wenn man
mir daher vom historischen, d. h. an Zeit und Raum gebundnen Stand—
punkt aus die constitutionelle Monarchie, versteht sich: die wahre,
als die fuͤr uns allein passende, thunliche und deswegen vernünftige
Staatsform construirt, so stimme ich vollkommen bei. Wenn man aber
abgesehen von Raum und Zeit, d. h. dieser bestimmten Zeit (auch
Jahrtausende sind nur eine bestimmte Zeit), diesem bestimmten Orte (auch
Europa ist nur ein Ort, ein Punkt der Welt) die Monarchie als die einzig
oder absolut vernünftige Staatsform demonstrirt, so protestire ich dage—
gen und behaupte, daß vielmehr die Republik, versteht sich die demo—
kratische, die Staatsform ist, welche unmittelbar der Vernunft als die dem
Menschenwesen gemäße und folglich wahre einleuchtet, daß die constitutio—
nelle Monarchie das ptolemäische, die Republik aber das copernikanische
System der Politik ist, und daß daher in der Zukunft der Menschheit
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